Die Zögerlichkeit der EU beim Sperren der Konten von
Libyens Machthaber Muammar al-Gaddafi, Ägyptens Ex-Präsident Husni
Mubarak und Tunesiens Ex-Präsident Zine El Abidine Ben Ali ist auf
deutliche Kritik gestoßen. Der Fraktionschef der Sozialdemokraten im
Europaparlament (SPE), Martin Schulz, sagte dazu gegenüber dem
ARD-Politikmagazin „Report Mainz“: „Wenn man Diktatoren bekämpfen
will, muss man schnell handeln und nicht mit dem Tempo einer
Schnecke.“
Hintergrund sind die langen Fristen zwischen den Rücktritten der
Ex-Diktatoren, bzw. dem Ausbruch der Aufstände und den erfolgten
Kontensperren. Im Fall von Ben Ali dauerte es nach seinem Rücktritt
über drei Wochen, bis die Sperren am 7.2.2011 in Kraft traten. Bei
Gaddafi vergingen etwa zwei Wochen nach Beginn der Aufstände, bis
erste Kontensperren am 1.3.2011 wirksam wurden. Bei Mubarak wurden
Kontensperren vor etwa fünf Wochen angekündigt, aber bis heute nicht
vollzogen.
Die Schweiz hat Mubaraks Konten bereits eine halbe Stunde nach
dessen Rücktritt gesperrt, bei Ben Alis wurden am 19.1.2011
Kontensperren wirksam. Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey erklärte
dazu gegenüber „Report Mainz“: „Wir wollen, dass das illegale Geld zu
den Völkern zurückkommt, denen es gehört. Im Fall von Mubarak haben
wir sehr schnell gehandelt, weil wir befürchteten, dass sich das Geld
bewegen könnte.“ Auf die Frage, ob sie sich gewünscht hätten, dass
andere Länder auch so schnell gehandelt hätten, sagte sie: „Es wäre
besser gewesen, wenn wir international gehandelt hätten.“
Die Zögerlichkeit im Fall von Mubarak ist auch deshalb
erstaunlich, da der Bundesregierung nach Auskunft des
Bundesjustizministeriums mittlerweile zwei Rechtshilfeersuchen
Ägyptens vorliegen, die Mubarak und Vertraute von ihm betreffen. Das
erste Ersuchen ist bereits am 14.2.2011 eingegangen. Seither prüft
das Ministerium ohne Ergebnis. Der Grund sind offenbar Formfehler im
Schreiben, wie aus Regierungskreisen zu hören ist. Das BKA untersucht
unterdessen im Auftrag des Bundesjustizministeriums, inwiefern
Vermögen des Mubarak-Clans in Deutschland angelegt wurde und im
Zusammenhang mit Geldwäsche steht, wie eine Behördensprecherin
mitteilte.
Der Präsident des Basel Institute on Governance, Professor Mark
Pieth, äußerte sich gegenüber dem ARD-Magazin über das Vorgehen der
EU empört: „Das ist deshalb ein Trauerspiel, weil im Prinzip eine
viertel Stunde genügt für einen elektronischen Transfer, der danach
ein Jahr Arbeit gibt, das Ganze zurückzuverfolgen und zurückzuholen.“
Er erwartet von der Bundesregierung, dass sie die ägyptischen
Behörden dabei unterstützt, das Rechtshilfeersuchen korrekt zu
formulieren. Der Nahost-Experte Professor Günter Meyer erklärte:
„Durch das zögerliche Verhalten der Europäischen Union haben die
jeweiligen Machthaber die Möglichkeit gehabt, ihr Kapital von
europäischen Banken abzuziehen, in sichere Häfen zu verlagern. Im
Endeffekt bedeutet das einen enormer Verlust für die wirtschaftliche
Situation der drei Länder.“
Zitate gegen Quellenangabe frei.
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an „Report Mainz“, Tel.:
06131/929-3351.