Mitteldeutsche Zeitung: Religion Bundestagsvizepräsident Thierse: Katholische Kirche hat Nachteile im Politikbetrieb

Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) sieht
die katholische Kirche im politischen Betrieb im Nachteil. „Die
evangelische Kirche erweist sich in vielen Fragen als geschmeidiger,
während die katholische Kirche eine strengere Verbindlichkeit auch in
moralischen Fragen artikuliert“, sagte er der in Halle erscheinenden
„Mitteldeutschen Zeitung“ (Online-Ausgabe). Damit sei der Konflikt
mit dem unvermeidlichen Pragmatismus in der Politik programmiert. In
der Debatte um die Prä-Implantations-Diagnostik etwa habe die
evangelische Kirche drei verschiedene Ansichten vertreten, so
Thierse. „Da kann sich jeder Politiker bedienen. Die katholische
Kirche war eindeutiger.“ Und sie stehe generell im Verdacht des
Gestrigen. „Sie passt nicht. Sie ist lästig. Das zeitgeistige
Vorurteil gegenüber Katholiken zeigt auch in der Politik Wirkung.“
Angesichts der Wahl des Protestanten Joachim Gauck zum
Bundespräsidenten und der künftigen protestantischen Doppelspitze mit
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte der SPD-Politiker allerdings,
er halte die Frage nach den Konfessionen „für hoffnungslos
überbewertet“. Merkel agiere „kaum als Protestantin“. Und dass Gauck
„gegen ihren heftigen Widerstand zum Zuge kommt, zeigt doch
zumindest, dass es da nicht um eine Kameraderie von Protestanten
geht“. Vielmehr fürchte die Kanzlerin Gaucks Biografie, „weil er ihre
Biografie ein bisschen in den Schatten stellt“. Der
CSU-Bundestagsabgeordnete Norbert Geis erklärte dem Blatt mit Blick
auf die Auswahl von Bundespräsidenten und Bundeskanzlern: „Ich bin
grundsätzlich für ein ausgewogenes Verhältnis der Konfessionen, damit
sich alle repräsentiert fühlen.“ Er werde das aber niemals zu einem
Maßstab erheben würde“. Sowohl Thierse als auch Geis sind katholisch.

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