Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zur Reise von Donald Trump nach Davos, Autor: Thomas Spang

Mehr als vier Meter Schnee sind nicht die
einzige Überraschung, mit der die Konferenzstadt am Fuße von Thomas
Manns „Zauberberg“ aufwartet. Die andere heißt Donald Trump, der als
erster US-Präsident seit Bill Clinton im Jahr 2000 wieder den Weg
nach Davos findet. Ausgerechnet der „Amerika-über-alles“-Präsident,
der mit sich im Weißen Haus als Anti-Globalist positioniert hat, will
heute die Schultern mit den von ihm so verteufelten Eliten reiben.
Damit kein Missverständnis über die Zielrichtung seines Besuchs
aufkommt, feuerte die US-Regierung ein paar protektionistische Salven
ab. Das Finanzministerium verhängte Strafzölle auf Waschmaschinen und
Solar-Panele. Die Maßnahmen richten sich vor allem gegen China und
Südkorea, deren Unternehmen günstiger anbieten als die US-Konkurrenz.
Experten warnen, die Strafzölle könnten zu einem größeren
Handelskonflikt führen. Donald Trumps Handelsminister Wilbur Ross,
der zur Vorhut der amerikanischen Delegation in Davos gehört, will
das gar nicht in Abrede stellen. „Handelskriege werden jeden Tag
ausgefochten“, verkündet Ross lapidar. „Der Unterschied besteht nun
darin, dass die USA ihre Truppen schicken“. In dieser Sichtweise
macht es Sinn, dass der „Commander-in-Chief“ persönlich beim
Weltwirtschaftsforums-Forum auftaucht, um den potenziellen
Widersachern darzulegen, was seine „America First“-Politik bedeutet.
Genauso das hatte das Weiße Haus als Ziel Auftritts genannt, als es
die Reise Anfang Januar überraschend angekündigt hatte. Trumps
Wirtschaftsberater Gary Cohn, ein Veteran in Davos, versuchte, dem
Besuch seinen eigenen Dreh zu verpassen als er darüber sprach, dass
„Amerika zuerst nicht Amerika allein“ bedeute. Die Steuerreform und
Deregulierung in den USA hätten auch allen anderen Ländern geholfen
und die Märkte zu immer neuen Höhenflügen geführt, argumentiert Cohn,
unterschlägt dabei allerdings, dass es Vorgänger Barack Obama war,
der mit seiner Politik die strukturellen Voraussetzungen für den
momentanen Boom geschaffen hatte. Das andere Problem für den
Präsidenten in Davos besteht darin, dass er bestenfalls ein
skeptisches Publikum findet, das weniger an seinen Worten, als mehr
an den Taten seiner Regierung interessiert ist. Der indische
Ministerpräsident Narendra Modi setzte mit seinem Eröffnungsbeitrag
den Spannungsbogen, als er das Forum davor warnte, wie „die Kräfte
des Protektionismus ihr Haupt gegen die Globalisierung erheben“, um
sich selbst zu retten. Der Adressat der Modi-Warnung war genauso
eindeutig zu identifizieren wie der in dem Redebeitrag des
kanadischen Ministerpräsidenten Justin Trudeau. Der Kanadier
verkündete ein Handelsabkommen mit den Staaten des TPP-Abkommens,
denen Trump in den ersten Amtstagen vor den Kopf stieß, als er das
fertig ausgehandelte transpazifische Handelsabkommen für erledigt
erklärte. Trudeaus Auftritt war symptomatisch, weil er die Haltung
vieler anderer Regierungen ausdrückte. Die Welt werde mit oder ohne
Trump Handel treiben. China hatte im Vorjahr angeboten, das Vakuum zu
füllen, als sich Präsident Xi Jinping in Davos zum Hüter des
Freihandels aufschwang; drei Tage vor Trumps Amtseinführung. Für
Trump geht es auch deshalb um viel. Wenn er seine
„Amerika-First“-Politik in Davos schlecht verkauft, dürfte das
weitreichende Konsequenzen haben. Die globalen Eliten könnten seine
Präsidentschaft dann endgültig aufgeben.

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