Angesichts der Entwicklungen in Tunesien dürfte
dieser Tage der ein oder andere Machthaber nervös werden. Wie lange
dauert es noch, bis andere Völker, die unter politischer
Unterdrückung, immenser Arbeitslosigkeit und hohen
Nahrungsmittelpreisen leiden, aufbegehren? Anzeichen dafür gibt es:
Der Freitod eines jungen Arbeitslosen, der die Unruhen in Tunesien
ausgelöst hatte, fand Nachahmer in Ägypten und Algerien. In Tunesien
ist der Diktator gestürzt, eine neue Übergangsregierung eingesetzt.
Dass der neue Regierungschef Mohammed Ghannouchi nun politische
Reformen ankündigt, von „vollständiger“ Pressefreiheit und von der
Freilassung aller politischen Gefangenen spricht, darf über Folgendes
nicht hinwegtäuschen: Er ist Teil des alten Kaders. Anders als viele
andere tunesische Politiker wurde er zwar nie der Korruption
bezichtigt, ihn prägt aber eine gehörige Nähe zum alten System: Er
amtierte unter dem geflohenen Präsidenten Ben Ali als Minister für
Finanzen und internationale Beziehungen sowie als Ministerpräsident.
Zudem verbleiben fünf weitere Minister aus dem alten Kabinett in der
neuen Übergangsregierung. Der erste Schritt hin zu mehr politischer
Freiheit in Tunesien ist getan. Jetzt muss die neue Regierung
zunächst für Stabilität sorgen – und dafür, dass Staatseinnahmen
nicht mehr in dunklen Kanälen versickern, sondern dazu genutzt
werden, die miserablen sozialen Verhältnisse der Tunesier zu
verbessern.
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