Mittelbayerische Zeitung: Kommentar: Schwäbische Tragödie

Roman Hiendlmaier, MZ

Es ist nichts mehr da. Der Abgesang auf den Selfmade-Milliardär
Anton Schlecker in fünf Worten mag eine Steilvorlage für
Schadenfreude sein, in Wahrheit ist es eine Tragödie, der sich noch
dazu nur Tochter Meike stellt. Allerdings ist nun der falsche
Zeitpunkt für Rachsucht und Rechthaberei. Es geht nicht darum, ob und
wie viel Geld Anton Schlecker für sich abgezweigt hat. Entscheidend
für die Pleite des Konzerns war, dass es dem gelernten Metzger zu
lange Wurst war, was aus seinem Lebenswerk wurde. Der Rettungsversuch
seiner von der Dimension der Krise völlig überforderten Kinder kam zu
spät. Nun muss ein Insolvenzverwalter binnen weniger Wochen einen
Businessplan für einen Handelskonzern mit 6000 Niederlassungen
erstellen, soll Konzept, Sortiment und vor allem Image der Kette
dermaßen wandeln, dass Banken, Lieferanten und Kunden wieder
Vertrauen gewinnen. Möglich scheint dies nur mit einer neuen
Identifikationsfigur an der Spitze, die das Gegenteil des
schwäbischen Familienpatriarchen darstellt: kein Feindbild, sondern
ein Vorbild.

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