Mittelbayerische Zeitung: Eine Schande für Italien

Das Gesetz bin ich: Ganz nach absolutistischem
Gusto kann Silvio Berlusconi in seinem Land schalten und walten, wie
es ihm gefällt. Gestern hat ihm das italienische Verfassungsgericht
Grenzen aufgezeigt. Zwar fehlte den Richtern der Mut, die „Lex
Berlusconi“ in Fetzen zu zerreißen. Sie fällten ein Urteil, das Platz
für juristische Spielchen lässt – und darin ist der Medienmogul
Experte. So könnte er die Gerichtsverfahren so lange Verzögern, bis
die Vorwürfe verjährt sind. Aber immerhin legten die Verfassungshüter
das Schicksal Berlusconis in die Hand der Justiz. Zumindest auf dem
Papier wird er nun vor Gericht behandelt wie jeder andere auch.
Hoffentlich empfinden seine künftigen Richter es als Ansporn, dass
der reichste Mann Italiens die Justiz als „Pathologie“ verhöhnte.
Denn so hoch wie die Müllberge in Neapel türmen sich die Probleme des
Landes. Und so schnell wie der stinkende Abfall in die Höhe wächst,
reiht Berlusconi einen Skandal an den nächsten. Korruption,
Steuerhinterziehung, Sex-Affären – schon eine einzige dieser
anrüchigen Geschichten würde genügen, um einen deutschen
Regierungschef aus dem Amt zu fegen. Doch einer wie Berlusconi kann
sich in Italien immer wieder hochrappeln. Weil es die schwache
Opposition nicht schafft, eine Allianz gegen den Skandal-Politiker zu
bilden. Und weil der Cavaliere mit seinem Medien- und Firmenimperium
einen Staat im Staate errichtet hat, der alle Lebensbereiche
kontrolliert. Berlusconi ist eine Schande für sein Land, weil er den
Ruf einer großen Kulturnation ruiniert. Und er ist eine Schande für
Europa, weil er demokratische Prinzipien mit den Füßen tritt. Gegen
ihn wirkt der ungarische Autokrat Viktor Orban wie ein blasser Bubi.
Wer mit dem Finger auf Orban zeigt, muss das auch bei Berlusconi tun.

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