Mittelbayerische Zeitung: Eine geglückte Mission

Außenpolitisches Federgewicht? Horst Seehofer
straft Wikileaks Lügen. Bayerns Ministerpräsident hat in Tschechien
gut 24 Stunden auf glattem Polit-Parkett mit Behutsamkeit und
diplomatischem Geschick gemeistert. Bei einem geheimen Treffen vor
gut drei Wochen mit Premier Peter Necas auf bayerischem Boden –
offenbar in der Oberpfalz – hatte er von der Öffentlichkeit unbemerkt
die Vertrauensbasis für die Gespräche gelegt. Vorvorgänger Edmund
Stoiber war daran gescheitert, dass er nur mit angemessen großer
sudetendeutscher Begleitung nach Tschechien reisen wollte. Seehofer
ist dieses Ziel mit seiner Mini-Delegation ohne großes Aufheben
geglückt. Mit dem Europaabgeordneten Bernd Posselt gehörte einer von
sechs Begleitern dieser für Bayern wichtigen Gruppe der Vertriebenen
an. Es ist auch kein Affront, dass Posselt beim Vieraugengespräch mit
Necas nicht dabei war. Im Gegenteil: Alles andere wäre ungewöhnlich
gewesen. Auf höchster Ebene sind nun die größten Schollen der
politischen Eiszeit zwischen Tschechien und Bayern beiseite geräumt.
Dieser Schritt komplettiert die längst guten nachbarschaftlichen
Beziehungen zwischen beiden Ländern. Die Kontakte von
Ministerpräsident zu Premier machen die Vergangenheit nicht
ungeschehen. Die Gräueltaten und Schrecken der Naziherrschaft, des
Zweiten Weltkriegs und der Zeit danach müssen weiter behutsam
aufgearbeitet werden. Doch Seehofers Visite zeigt, wie die
Beziehungen pragmatisch und mit Fingerspitzengefühl zu gestalten
sind. Fazit: Ein guter Anfang, wenn auch ohne große Gesten wie der
Reise zu einer der Erinnerungsorte im Land. Der Besuch in der
jüdischen Pinchas-Synagoge, an deren Wände die Namen von
zehntausenden Holocaust-Opfern verewigt sind, war aber jedenfalls ein
berührender Anfang. Die „neue Epoche“ in den Beziehungen zu
Tschechien – sie hat endlich begonnen.

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