Mindener Tageblatt: Kommentar zu: Wikileaks Internet-Enthüllungen / Selbst entlarvt

Von Christoph Pepper

Die auf Geheimnisverrat spezialisierte Internetplattform Wikileaks
sonnt sich im vermeintlichen Glanz ihres jüngsten Coup.
Auflagenstarke Medien freuen sich über zugkräftige Inhalte,
Regierungen sind peinlich berührt und Menschen in aller Welt
amüsieren oder entrüsten sich über – ja was genau? Zunächst einmal
eigentlich nicht mehr als einen tiefen Blick durchs diplomatische
Schlüsselloch. Dass die mehrheitlich wenig spektakulären
Einschätzungen und Berichte US-amerikanischer Auslandsvertreter
pathetisch als Enthüllungen wider finstere undemokratische
Geheimniskrämerei garniert werden, täuscht in der Regel nicht über
ihre Banalität hinweg. Das meiste von dem, was hier so aufgeregt als
Geheimnis ans Licht der demokratischen (?) Öffentlichkeit gezerrt
wird, konnte man auch vorher schon in der Zeitung lesen.
Erkenntnisgewinn bezüglich der US-Außenpolitik bringt es wenig bis
gar nicht, wenn man von der offenkundig intern vorhandenen
Bereitschaft zur eigenen Bloßstellung absieht. Dieses Phänomen ist
allerdings auch aus jedem anderen Betrieb auf der Welt bekannt, wo
aus persönlichen Gründen motivierte Mitarbeiter eigene Süppchen
kochen. Eine Diplomatie ohne Vertraulichkeit kann überhaupt keine
solche mehr sein, so wie menschliche Beziehungen schlechthin ohne
Vertrauensschutz nicht denkbar sind. Mag sein, dass die
Veröffentlichung geheimer Dokumente in moralisch und ethisch hoch
umstrittenen Fragen etwa von Krieg und Frieden eine gewisse
Berechtigung haben können, wenn sie denn – beispielsweise – etwa
Täuschungen entlarven. Schon mit seinen Afghanistan- und
Irak-Dokumenten aber hatte Wikileaks auch konkret Menschenleben in
Gefahr gebracht. Spätestens hier hört der subversive Spaß auf. Mit
ihrer jüngsten Veröffentlichung entlarvt sich die Plattform nur noch
selbst – als private Kriegsmaschine, die das dem Internet so heilige
Öffentlichkeitsprinzip durch Massenmissbrauch ad absurdum führt.

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