Meine Zeit gehört mir

Meine Zeit gehört mir
Martina Jahrbacher, Managing Director bei der Kommunikationsagentur PR-COM in München (Bild: PR-COM)
 

8. Februar 2023 – Man muss kein Zeitforscher oder eingefleischter Momo-Anhänger sein, um festzustellen, dass sich die Wertigkeit von Zeit geändert hat. Ein neues Bewusstsein, der digitale Wandel und nicht zuletzt die Pandemie haben die Prioritäten vieler Menschen verschoben, egal in welcher Generation. In unseren Teams haben sich bereits viele Kollegen und Kolleginnen für Zeitprämien, Teilzeitmodelle und flexible Arbeitszeiten entschieden. Und auch in Recruiting-Gesprächen merke ich, dass ein flexibles Zeitmanagement für viele Bewerber essenziell bei der Arbeitgeberwahl ist. Wir finden diese Entwicklung großartig und haben uns entschieden, den Gedanken vorzuleben, dass Zeit jedem Einzelnen gehört – auch als Arbeitgeber wollen wir unseren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen nicht vorschreiben, wie sie ihre Zeit zu nutzen haben, um ihre Leistungen für uns zu erbringen.

Bei PR-COM versuchen wir möglich zu machen, was uns als Gemeinschaft und Unternehmen guttut. Viele Teammitglieder arbeiten mittlerweile in den unterschiedlichsten Nicht-Vollzeit-Konstellationen, manche mit einer Drei- oder Vier-Tage-Woche, andere nur vormittags oder nachmittags. Ein paar von uns haben sich einen Hund ins Homeoffice geholt und nehmen sich einmal die Woche Zeit für die Hundeschule. Zwei Kolleginnen haben sich selbstständig gemacht und arbeiten jetzt aus dem Ausland für uns. Das Limit ist hierbei weniger unser Ideenreichtum oder die Flexibilität, vielmehr setzen uns gesetzgeberische und steuerrechtliche Anforderungen Grenzen. Wir sehen die Rückkehr zu alten Präsenzmodellen, wie sie in manchen Unternehmen aktuell passieren, und auch die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung mit sehr kritischen Augen. Das sind Schritte in eine Richtung, die weder dem Arbeitnehmer-Interesse entsprechen noch international wettbewerbsfähig machen. Ja, das ist gelebte „German Angst“.

Wir verstehen die Skepsis gegenüber flexiblen und eigenverantwortlichen Mitarbeitenden in vielen Unternehmen nicht. Ist es Unsicherheit, Bequemlichkeit, „Kontrollismus“ oder einfach nur ein hausgemachtes Problem des falschen Mindsets und einer fehlenden Struktur? Ja, die Kausalität besteht: Je flexibler die Arbeitszeiten, umso klarer müssen Arbeitsprozesse aufgebaut, umgesetzt und monitort werden. Wir haben uns über Jahre intensiv damit auseinandergesetzt, die Abläufe innerhalb der Teams und die Schnittstellen zwischen allen Beteiligten so vorherseh- und wiederholbar zu gestalten wie möglich.

Mit unserer selbst entwickelten Kollaborationssoftware, können wir sie digital so abbilden, dass es eben nicht mehr notwendig ist, Mitarbeitende zur Verfügbarkeit im Büro zu verpflichten. Dieser Zwang zur Büropräsenz, mit dem frühere Generationen aufgewachsen sind, ist beim Recruiting nämlich das Abschreckungsmoment für die Generationen Y und Z. Sie fordern eine agile Umgebung und der Fachkräftemangel spielt ihnen bereits heute in die Karten – was wird da erst passieren, wenn die Boomer-Generation flächendeckend in Rente geht?

Den Wandel zu verneinen oder totzuschweigen, ist keine zukunftsweisende Strategie. Vielmehr gilt es jetzt, die Potenziale zu nutzen, die in der Diversität der Teams liegen. Eine Arbeitskultur ist niemals eine Einbahnstraße. Sie entsteht auch nicht in abgeschotteten Silos. Sie muss so bunt sein, wie die Menschen, die in ihr arbeiten. Das kann jedoch nur funktionieren, wenn die Hierarchie flach, die Augenhöhe vorhanden und die Interaktion lebendig ist – wenn Werte wie Ehrlichkeit und Vertrauen im Unternehmen gelebt und nicht bloß plakatiert werden. Dann spielen örtliche und zeitliche Distanzen auch keine entscheidende Rolle mehr – was nicht heißt, dass man sie durch gemeinsame Begegnungen oder Team-Events nicht noch lebendiger gestalten kann.

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