Doch manche Pferdezüchter möchten an der
brutalen Tradition festhalten, obwohl längst der schonende
Transponderchip gesetzlich vorgeschrieben ist.
Als Anfang des 20. Jahrhunderts Narkose und Anästhesie ihren
Siegeszug durch die Operationssäle antraten, da wäre es wohl
niemandem eingefallen, aus Traditionspflege diesen Fortschritt
abzulehnen. Zu schmerzvoll und riskant waren bis dahin Kaiserschnitt
oder Amputationen ohne ausreichende Betäubung gewesen. Ganz anders
die Lage der Pferde in Deutschland heute: Obwohl seit vielen Jahren
mit der schonenden Transponderimplantation durch Tierärzte eine
bewährte und sichere Kennzeichnungsmethode zur Verfügung steht,
pflegen heute noch deutsche Pferdezüchter die grausame Tradition des
Schenkelbrands. Dabei werden tausenden Fohlen grundlos Verbrennungen
dritten Grades zugefügt, die tage-, manchmal wochenlang heftig
schmerzen. Die jungen Fohlen zeigen sich nach dieser schmerzvollen
Verletzung oft verstört, ihr Saug- und Spielverhalten ist nachhaltig
beeinträchtigt.
Der Bundesverband Praktizierender Tierärzte (bpt) setzt sich für
ein Verbot dieser brutalen Praxis ein. Verbandspräsident Dr.
Hans-Joachim Götz: „Wenn Anhänger dieses Schenkelbrands
argumentieren, sie benötigten auch heute noch die Brandzeichen zur
Kennzeichnung ihrer Tiere, dann wohl ausschließlich aus
Vermarktungsgründen. Die Pferdefreunde sollten genau hinsehen, wenn
einem Fohlen diese unnötige Brandverletzung zugefügt wird, und sie
sollten es selbst noch wochenlang in der schmerzvollen Phase der
Wundheilung betreuen. Wer dann den Brand gutheißt, sollte zur
Kenntnis nehmen, dass eine fälschungssichere und individuelle
Markierung eines Tiers derzeit nur über das Setzen eines
Transponderchips gewährleistet wird.“
Der Brand: ein Markenzeichen, kein Identifikationsmittel
Brandzeichen bei Pferden gehören wohl zu den ältesten
Markenzeichen der Menschheitsgeschichte. Zweifellos bedeutet ein für
jedermann sichtbarer Schenkelbrand einen Vorteil bei der Vermarktung
eines Pferdes. „Wer bei seiner Kleidung deutlich sichtbare
aufgedruckte oder aufgenähte Markenzeichen schätzt, der mag auch Wert
legen auf eine durch Brandzeichen deutliche Zugehörigkeit zu Rasse
oder Zuchtverband seines Pferdes, zumal Rassetyp und
Leistungsmerkmale im Pferdesport sich immer mehr angleichen.
Doch dieser Image- oder Statusnutzen darf kein Argument sein zur
Aushöhlung des Tierschutzes“, so der Präsident des bpt. Das deutsche
Tierschutzgesetz verbietet zweifelsfrei, einem warmblütigen
Wirbeltier ohne vernünftigen Grund Schmerzen zuzufügen – und ob ein
Vermarktungs- oder Imagevorteil eines Pferdezuchtverbandes oder
Tierhalters einen vernünftigen Grund zur qualvollen Markierung durch
den Brand darstellt, darf bezweifelt werden.
Der bpt beruft sich in seiner fachlichen Ablehnung des
Schenkelbrands auf die zur Genüge vorliegenden Stellungnahmen von
Wissenschaftlern und Tierschützern (die Tierärztliche Vereinigung für
Tierschutz hat hierzu die aktuellste fachlich fundierte Stellungnahme
herausgegeben). Die erheblichen Schmerzen und der anhaltende,
verstörende Wundschmerz bei Fohlen nach dem Zufügen des
Schenkelbrands bedeuten aus tierärztlicher Sicht, dass das Verbot
dieser archaischen Praxis überfällig ist.
Der bpt hat am Wochenanfang in einem Brief an die
Ministerpräsidenten der Länder nochmals darauf gedrängt, am Freitag
im Bundesrat dem Antrag des Landes Rheinland-Pfalz zur Abschaffung
des Schenkelbrands zu folgen.
Ansprechpartner für diese Meldung:
Dr. Hans-Joachim Götz (bpt-Präsident)
Tel.: 0171 – 682 3555
Bundesverband Praktizierender Tierärzte e. V
Hahnstr. 70
60528 Frankfurt/M.