Lausitzer Rundschau: Stunde der Wahrheit Die Flutkatastrophe in Pakistan

Die Jahrhundertflut in Pakistan schwemmt nicht nur
Häuser weg und vernichtet die Ernte. Sie legt auch all die Probleme
offen, mit denen dieses Land kämpft. Sicher ist keine Nation vor den
Folgen solcher ungewöhnlichen Katastrophen gefeit. Auch die scheinbar
allmächtigen USA waren zunächst nicht in der Lage, ihre Bürger
hinreichend vor dem Hurrikan Katrina zu schützen. Aber die
Hilflosigkeit, mit der die Regierung in Islamabad auf die
Wassermassen reagiert, muss nachdenklich stimmen. Immerhin ist
Pakistan nicht nur eine Atommacht und verfügt über eine der stärksten
Armeen der Welt. Dieser bis an die Zähne bewaffnete Staat hat
allerdings seit Langem ganz andere Prioritäten, als seine Ressourcen
zum Schutz der eigenen Bevölkerung zu mobilisieren. Den Nachbarn
Indien in Schach zu halten, zählt bei den pakistanischen Generälen
allemal mehr, als die Menschen im eigenen Land vor Wassermassen oder
vor Selbstmordattentätern zu bewahren. So droht das Land, das in den
vergangenen Monaten schon immer weniger regierbar wurde, jetzt in
einem Chaos zu versinken, aus dem die islamistischen Fundamentalisten
als Gewinner hervorgehen könnten. Nur sie haben in einigen der
überfluteten Teile des Landes eine Struktur aufrechterhalten, die
mithilft, die Not der Menschen zu lindern. Insofern ist es
tatsächlich von höchster Dringlichkeit, dass die UN und die
internationalen Hilfsorganisationen mit massivem Einsatz ihrer
Ressourcen helfen. Die dafür notwendigen Mittel werden zunächst vor
allem aus staatlichen Quellen kommen müssen. Private Spenden für die
Opfer der Flut in Pakistan gibt es aus erklärlichen Gründen derzeit
nur in geringem Umfang. Die Menschen, die ansonsten durchaus zum
Geben bereit sind, zögern. Ein Land, das vor allem durch grausames
Blutvergießen, durch die Attentate auf seine demokratischen
Politiker, durch den Verdacht, terroristische Gruppen immer noch zu
unterstützen, von sich reden macht, taugt wenig als Adressat von
Mitgefühl. Dabei wird allerdings vergessen, dass die Spenden ja nicht
über die korrupte Politikerklasse des Landes oder die Militärführung
verteilt werden, sondern über Organisationen, die hinreichend
bewiesen haben, dass sie unabhängig von den politischen Problemen
helfen können. Sie brauchen jetzt schnell Geld – von den
Industrieländern wie von privaten Spendern.

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