Die skandalöse Pannen-Serie bei der Aufklärung der
neonazistischen Mord-Taten hat zu ersten Konsequenzen geführt: Heinz
Fromm, der Chef des Bundesverfassungsschutzes, wirft das Handtuch und
lässt sich in den Ruhestand versetzen. Man kann darüber streiten, ob
es sich um eine angemessene Form der Verantwortungsübernahme für die
beispiellosen Vorgänge handelt. Fromm war ohnehin kurz vor der
regulären Pensionierung. Umso unbefangener hätte er die
Aufklärungsarbeit vorantreiben können. Auch kann man Fromm nun
wirklich nicht nachsagen, er sei auf dem rechten Auge blind gewesen.
Er hat sich dagegen gewehrt, Rechts- und Linksterrorismus in einen
Topf zu werfen. Und er hat sich auch nicht in Schönfärberei geübt,
wie es leider viele Vorgesetzte tun, wenn ihre Firma großen Mist
gebaut hat. Fromm sprach schnörkellos von einem „erheblichen
Vertrauensverlust“ und einer „gravierenden Beschädigung“ des Ansehens
seiner Behörde. Mit dieser Einschätzung ist es allerdings nicht
getan. Im Moment bleibt eher der Eindruck haften, Fromm könnte
lediglich ein Bauernopfer sein, um das ganze Ausmaß einer möglichen
Vertuschung zu verschleiern. Dabei geht es um den schlimmen Verdacht,
dass deutsche Sicherheitsbehörden die Umtriebe der Zwickauer
Neonazi-Zelle nicht nur stillschweigend geduldet, sondern vielleicht
sogar unfreiwillig befördert haben. Wie sonst reimt es sich zusammen,
dass der Verfassungsschutz, kurz nach dem das Terror-Trio im Vorjahr
aufgeflogen war, wichtige Akten über dessen Existenz in den Reißwolf
wandern ließ? Und wie ist es zu erklären, dass fast drei Dutzend
V-Leute vom Verfassungsschutz und vom Militärischen Abschirmdienst im
Dunstkreis der Rechts-Terroristen operierten, dabei aber angeblich
nichts Substanzielles zu Tage förderten? Den Verfassungsschutz
aufzulösen, wie es die Linken fordern, ist natürlich Unsinn. Die
verfassungsfeindlichen Aktivitäten im Falle der Neonazi-Mörder zeigen
ganz im Gegenteil, wie bitter notwendig auch ein Inlandsgeheimdienst
ist. Doch dürfen sich einzelne Sicherheitsstrukturen nicht
verselbstständigen und sich jeder Kontrolle entziehen, wie das
offenbar bis zuletzt der Fall war. Eine grundlegende Reform ist auch
im Hinblick auf den Umgang mit V-Leuten geboten. Wie schon beim
vergeblich angestrebten Verbot der NPD waren staatlich entlohnte
Zuträger aus dem braunen Milieu offenbar einmal mehr Teil des
Problems und nicht der Lösung. Ein Personalwechsel an der Spitze des
Bundesverfassungsschutzes kann darauf keine befriedigende Antwort
geben. Geboten ist eine grundlegende Neuordnung der
Sicherheitsbehörden. Und die ist Sache der Politik.
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