Lausitzer Rundschau: Niederlage des Fußballs

Der Fußball hat am Samstagabend verloren. Weil mit
dem FC Chelsea die Mannschaft den Pokal in der Champions League
gewonnen hat, die gar nicht mit der Absicht nach München gekommen
war, überhaupt Fußball zu spielen. Jenes Team also, das schon zuvor
im Halbfinale dem wunderbaren FC Barcelona auf unrühmliche Weise das
Spiel kaputtgemacht hatte. Und die sich nun mit einer unfassbaren
Anti-Taktik sowie eines einzigen Lichtblicks von Torschütze Didier
Drogba ins Elfmeterschießen mogelte. Dort gewannen die Briten auch
nur, weil den Bayern kurz vorm Triumph schmerzlich klar wurde, dass
sie trotz Überlegenheit am Ende gar leer ausgehen könnten. Die Angst,
alles zu verlieren, war bei den Münchnern viel größer als beim FC
Chelsea – was hatten die Londoner nach dieser Nicht-Leistung schon zu
verlieren? Doch um es mit schönen Grüßen an das Phrasenschwein zu
sagen: So ist Fußball – und deswegen lieben ihn Milliarden Menschen
auf der Welt. Nicht umsonst hatten mehr als 1,2 Millionen Fans Karten
für dieses Finale bestellt – weil eben nicht von vornherein klar ist,
ob tatsächlich die vermeintlich bessere Mannschaft und damit auch der
Fußball gewinnt. Und es scheint so, als brauche dieser Sport alle
paar Jahre eine radikale Zäsur mit katastrophalen Siegern. Auffällig
ist, dass es gerade Teams mit vielen älteren Spielern sind, die allen
Vorzeichen und Gepflogenheiten zum Trotz den Pokal einfach einpacken
– egal mit welchen Mitteln. Erinnern wir uns an die EM 2004, als die
Griechen mit dem schon damals angegrauten Otto Rehhagel und dessen
verstaubten Libero-Terror den Titel holten. Oder 2006, als Italien
sich bei der WM irgendwie bis ins Halbfinale schummelte, dort den
famosen Deutschen mit viel Härte den Schneid abkaufte. Um dann im
Endspiel die Franzosen um Zinedine Zidane so zu provozieren, dass die
das Fußballspielen vergaßen und am Ende beim Elfmeterschießen gegen
den altehrwürdigen Torhüter Gianluigi Buffon leer ausgingen. Nun also
Chelsea, es gibt einfach solche Jahre. Die tun weh und haben dennoch
etwas Gutes – weil sie den Fußball meist auf eine neue Stufe der
Spielkultur hieven. So hat sich zum Beispiel nach den griechischen
und italienischen Destruktiv-Titeln der Ballbesitzfußball
durchgesetzt. So wie ihn die Spanier bei ihren EM- und WM-Titeln
zeigten, und wie ihn der FC Barcelona zur Kunstform erhob. Denn mit
diesem überlegenen Pass-Gedulds-Spiel schien jede Abwehrkette zu
knacken zu sein. Das hatten sich auch die Bayern gedacht, die deshalb
am Samstag bis zum Schluss immer wieder Pass um Pass am gegnerischen
Strafraum querlegten. Erfolglos – eine neue Methode muss her. Und die
leuchtet schon als Silberstreif am deutschen Fußballhimmel.
Allerdings nicht über Bayern, sondern über dem Ruhrpott. Wenn
Borussia Dortmund seinen zwingenden und dadurch effektiven
Ballverwertungs-Fußball weiter optimiert, dann hat dieses Team
allemal das Zeug dazu, auch international einen Stil zu prägen. Der
BVB in der Form des DFB-Pokalfinals vom vergangenen Wochenende hätte
Chelsea jedenfalls schon in der ersten Halbzeit klar gemacht: Hier
gewinnt heute der Fußball! 

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