Es soll sich keiner täuschen lassen von den
Bildern schlimmer Gewalt aus Kairo. Dies ist ein verzweifelter
Versuch eines despotischen Regimes, seine Herrschaft mit brutal
vorgetragenen Angriffen auf die breite Protestbewegung
zurückzugewinnen. Die Schlägertrupps, die jetzt in der ägyptischen
Hauptstadt agieren, sind die Fortsetzung einer Politik der
Folterkeller, die bisher diese trügerische Ruhe garantierte. Für alle
Staaten der Demokratie sind diese Bilder eine erneute, vielleicht
letzte Aufforderung, endlich Partei zu ergreifen. Unverbindliches
Gerede darüber, dass man Gewalt verurteile und alle Seiten zur
Mäßigung aufrufe, machen unsere Regierungen nur noch unglaubwürdiger
in den Augen derer, die in Ägypten ihre Menschenrechte einklagen. Die
Bilder zeigen, dass Mubarak auch jetzt noch nicht zu einer wirklichen
Änderung seiner Politik bereit ist. Damit aber sollten die
Konsequenzen gezogen werden, die längst schon fällig waren. Die
Massendemonstrationen haben vor Augen geführt, dass große Teile der
ägyptischen Bevölkerung tiefgreifende Reformen verlangen. Ob sie die
Mehrheit der Menschen im Lande stellen, ist dabei nicht von
ausschlaggebender Bedeutung. Wenn sich Hunderttausende auf die
fundamentalen Menschenrechte berufen, ist dies immer auch ein
berechtigter Hilferuf, auf den der Westen mit aller Klarheit zu
antworten hat. Denn wer Ägyptern das Recht auf freie
Meinungsäußerung, auf faire Wahlen, auf eine unabhängige Justiz
verweigert, kann kein wirklicher Partner sein für Gesellschaften, die
ihre Fundamente in diesen Rechten haben. Und diese Solidarität mit
den Menschen ist keinesfalls nur eine Frage der Moral. Auf Dauer
stabile Verhältnisse finden sich nur dort, wo Regierte und Regierende
einen allgemein akzeptierten Konsens finden. Dazu gehört, dass die
Macht durch das Recht begrenzt wird und dass ihre Inhaber zu jeder
Zeit abgelöst werden können. Der ägyptische Präsident hält trotz all
der vielen Gespräche mit den Staatsmännern des Westens nichts von
diesen Wahrheiten. Er vertraut weiter auf unkontrollierte Gewalt, auf
seine Geheimpolizei, auf die Unterdrückung einer freien Presse. Er
ist ein Feind der Freiheit und er muss endlich wie ein solcher
behandelt werden. Das ägyptische Regime darf nicht länger gelobt
werden als ein Garant der Stabilität, es ist in Wirklichkeit
verantwortlich für das Chaos im Land. Viel hängt von einer klaren
Antwort auch der Bundesregierung auf die Gewaltexzesse ab. Wenn sie
jetzt den Fehler vermeidet, einen Diktator bis zum Letzten zur Seite
zu stehen, wächst die Chance, dass Deutschland wieder den Platz
zurückgewinnt, der ihm in der Zukunft Gehör verschaffen wird. Und nur
dies garantiert auf Dauer die Beziehungen, die für beide Seiten
fruchtbar sind.
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