Wer sich über eine Organspende Gedanken macht, der
muss sich auch mit dem Tod auseinandersetzen. Mit seinem Tod. Die
allermeisten Menschen scheuen diese Auseinandersetzung, was sicher
verständlich ist. Aber eben auch ein bisschen schizophren. Denn auf
der anderen Seite wünscht sich jeder von uns, dass die
Gesundheitswirtschaft alle Hebel in Bewegung setzt, um das eigene
Leben im Notfall zu retten. Oft kann sie es aber nicht, weil
lebensrettende Organe fehlen, weil es viel zu wenige Spender gibt.
Eine Umfrage hat diese Diskrepanz in Zahlen gegossen. Demnach wären
drei Viertel aller Deutschen zwar prinzipiell willens, eine Lunge
oder ihr Herz einem bedürftigen Mitmenschen zur Verfügung zu stellen.
Aber lediglich ein Viertel hat tatsächlich seine Bereitschaft in
einem Spenderausweis dokumentiert. Die bisherige Rechtslage ist daran
nicht ganz unschuldig. Anders als in anderen Ländern, in denen einer
Organentnahme ausdrücklich widersprochen werden muss, um sie zu
verhindern, wurde den Bundesbürgern keinerlei Entscheidung
abverlangt. Das wäre vermutlich noch auf lange Zeit so geblieben,
hätte es nicht die Geschichte von Frank-Walter Steinmeier gegeben,
der seiner Frau Elke Büdenbender eine Niere spendete und dadurch eine
überfällig politische Diskussion anstieß, die am Ende unter
Einschluss aller Bundestagsparteien zu sinnvollen Nachbesserungen
geführt hat. Wichtigster Punkt: Die Bürger werden künftig aktiv
aufgefordert, sich in Sachen Organspende zu erklären. Ob sich dadurch
die Bereitschaft wirklich erhöht, muss die Zeit zeigen. Auf jeden
Fall ist es ein Schritt in die richtige Richtung, die Patienten mit
kaputten lebenswichtigen Organen hoffen lässt. Diese Weichenstellung
muss allerdings auch von einer gesellschaftlichen Aufklärungsarbeit
flankiert werden. Unsicherheiten und Ängste sind nämlich nicht gering
zu schätzen. Der Datenschutz, an dessen vermeintlichen Defiziten sich
gestern einige Bundestagsabgeordnete gerieben haben, ist dabei
wahrlich noch das geringste Problem. Zahlreiche Bürger treibt
vielmehr die Sorge vor einem missbräuchlichen Organhandel um. Weit
verbreitet ist auch die Befürchtung, dass Ärzte womöglich weniger
Engagement bei der Lebensrettung zeigen, wenn der Patient einen
Organspendeausweis besitzt. Obendrein gibt es genügend Skeptiker,
die den Hirntod für ein zweifelhaftes Kriterium einer Organentnahme
halten. Das berührt letztlich eine ethische Schlüsselfrage: Wann ist
ein Mensch wirklich gestorben? Auch damit wird sich jeder
auseinandersetzen müssen, der sich diesem Thema nähert. Dass es
verstärkt dazu kommen dürfte, ist der Neuregelung des Bundestages zu
verdanken.
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