Lausitzer Rundschau: Langer Abschied vom Bund Die Bundeswehr wird reformiert

Karl-Theodor zu Guttenberg befindet sich auf einer
gefährlichen Mission. Das, was er anstrebt, eine reine Berufsarmee
von überschaubarem und damit bezahlbarem Zuschnitt, stößt im
Unionslager auf kräftige Vorbehalte. Und die Kanzlerin, die in einer
solch bedeutsamen Frage wieder einmal die Dinge treiben lässt, wird
sich erst aus der Deckung wagen, wenn die Gefechtslage
übersichtlicher geworden ist. Wieder einmal sieht sie lieber zu, als
zu führen. Und dass sich mit dem Baron aus Bayern auch noch ein
denkbarer Rivale als einsamer Minensucher betätigt, spielt dabei
sicher auch eine Rolle. Guttenberg hat mit seinem Konzept allerdings
nicht nur eine Vielzahl von Verbündeten beim Koalitionspartner und
den Parteien der Opposition. Er hat viele gute Gründe dafür, die
Bundeswehr radikal umzubauen. Er will eine Armee, zugeschnitten auf
die bewaffneten Konflikte, die nach Einschätzung vieler
Sicherheitsexperten die Zukunft bestimmen. Ihre Einsätze werden in
aller Regel nicht nahe der deutschen Grenze, zumeist auch nicht in
Europa stattfinden. Sie soll unbelastet sein von der Ausbildung einer
Vielzahl junger Männer, die nach wenigen Monaten schon wieder im
Zivilleben verschwinden und auch als Reservisten nicht gebraucht
werden. Da stört die Wehrpflicht nur, kostet zusätzliches Geld und
gefährdet vor allem die Handlungsfreiheit der verantwortlichen
Politiker. Denn spätestens seit dem Vietnamkrieg ist klar, dass
Demokratien mit Wehrpflichtigen nur Kriege führen können, bei denen
die ganz überwiegende Mehrheit der Wähler keinen Zweifel an ihrer
Notwendigkeit hat – und dies sind in aller Regel reine
Verteidigungskriege. So kommt es kurioser Weise zu einem Zweckbündnis
zwischen einem zwar konservativen, aber am Machbaren orientierten
Verteidigungsminister und all denen Parteien, die der Wehrpflicht aus
ganz anderen Motiven nichts abgewinnen können und die Risiken einer
reinen Berufsarmee dabei in Kauf nehmen. Dies wird es den Freunden
von Guttenberg in CDU und CSU nicht leicht machen, die Pläne des
Ministers mitzutragen. Aber auch sie haben keine wirkliche
Alternative. Die alte Bundeswehr ist in jedem Falle tot und nach dem
Ende der Blockkonfrontation in Europa auch völlig überflüssig. Und
noch ein wenig Wehrpflicht mit den mehr oder weniger zufällig
Ausgewählten oder sich berufen Fühlenden eines Jahrgangs widerspricht
jedem Gerechtigkeitsempfinden. Deswegen spricht vieles dafür, dass am
Ende der Debatte genau das Beschlusslage wird, was jetzt vom Minister
vorgestellt wurde. Die Bundeskanzlerin wird dann zu der aus ihrer
Sicht passenden Zeit erklären, auch sie sehe da kaum eine andere
Wahl.

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