Von einer robusten Gesundheit spricht man bei
einem Menschen, dessen Körper größere Belastungen aushält und auch
die eine oder andere Sünde verzeiht. Ob der deutsche Arbeitsmarkt
auch als robust bezeichnet werden kann, ist eher fraglich. Er ist
momentan gesund, ganz ohne Frage. Unter drei Millionen Arbeitslose,
das schont die Sozialkassen, hebt die Stimmung und stimuliert den
Konsum. Aber es wäre ein schwerer Kunstfehler, hinter diesem Zustand
die Schwachpunkte nicht zu erkennen, wie bei einem Arzt, der bei
einem beschwerdefreien Patienten den langsam steigenden
Blutzuckerwert ignoriert oder die gelegentliche Kurzatmigkeit beim
Treppensteigen. Das deutsche Jobwunder ist nicht in allen Regionen
angekommen; es gibt noch Gebiete mit zweistelligen
Arbeitslosenquoten. Es ist darüber hinaus nicht in allen Lohntüten
angekommen. Im Gegenteil, dieses Jobwunder ist zu einem nicht
geringen Teil mit Teilzeitarbeit und Lohndumping erkauft worden, was
die Probleme nur verlagert. In die Altersarmut. Und drittens hat der
Boom den Sockel von Langzeitarbeitslosen allenfalls am Rande
touchiert und die aus dem Arbeitsmarkt Verdrängten noch nicht
reintegriert. In Deutschland liegt weiterhin ein großes Potenzial an
Arbeitskraft brach, weil es entweder nicht genug gefördert oder nicht
genug gefordert wird. Oft beides nicht. Den deutschen Arbeitsmarkt
haut nicht mehr sofort jeder konjunkturelle Windstoß um, wie sich in
der Krise 2008/2009 gezeigt hat, als viele Stammbelegschaften
gehalten wurden. Aber ohne weitere Reformtherapien wird er die vor
ihm liegende Zeit des wachsenden Fachkräftemangels und der
verschärften internationalen Konkurrenz auch nicht gesund überstehen.
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