Lausitzer Rundschau: Farbe bekennen Nach elf Jahren findet wieder ein OSZE-Gipfel statt

Die OSZE hat eine ruhmreiche Geschichte. Als die
Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa noch
Konferenz hieß (KSZE), trug ihre Arbeit maßgeblich zur Entspannung
zwischen den Machtblöcken des Kalten Krieges bei. Die Schlussakte von
Helsinki ebnete 1975 jenen Weg, der direkt zu den friedlichen
Revolutionen von 1989 führte. Denn auf die im berühmten „dritten
Korb“ mit Zustimmung des Kreml festgeschriebenen Menschenrechte
konnten sich fortan Oppositionelle in den Ländern der sowjetischen
Einflusszone berufen. Die tschechoslowakische Charta77 und
die polnische Solidarnosc lebten davon maßgeblich. Diese Tradition
ist die Existenzberechtigung der OSZE. Sie sollte es jedenfalls sein,
denn die rein sicherheitspolitischen Fragen werden in anderen Gremien
entschieden, vor allem im direkten Gespräch zwischen der Nato und
Russland. Was die OSZE auszeichnet, ist vielmehr die humanitäre
Dimension. Darunter fallen die wichtigen Wahlbeobachtungsmissionen
und andere Mechanismen der Demokratiekontrolle und -sicherung. All
das ist Moskau und den anderen halbdemokratisch oder autoritär
regierten OSZE-Mitgliedstaaten seit Langem ein Dorn im Auge. Sie
würden die Organisation am liebsten in eine universelle
Sicherheitsplattform umwandeln. Dies aber würde schon mit Blick auf
die begrenzten Ressourcen der OSZE die humanitäre Dimension
zusammenschrumpfen lassen. Sich dem entgegenzustellen, ist die
bleibende Aufgabe des Westens. US-Außenministerin Hillary Clinton
brachte es in Astana auf den Punkt: Es gehe nicht um neue Regeln,
sagte sie beim Gipfel, „sondern um die Einhaltung der bestehenden“.
Es ist gut, dass Angela Merkel persönlich zu dem Gipfel nach
Kasachstan gefahren ist. Die Bundeskanzlerin trifft in Zentralasien
auf so zwielichtige Gestalten wie den weißrussischen Präsidenten
Lukaschenko, den Kritiker den „letzten Diktator Europas“ nennen. Und
auch der Gastgeber, der kasachische Staatschef Nursultan Nasarbajew,
ist alles andere als ein lupenreiner Demokrat. Doch gerade deshalb
gilt es, Farbe für eine wertegebundene OSZE zu bekennen. Merkel hat
dazu bei dem Gipfel das Nötige gesagt. Sie unterstrich die
universelle Geltung der Menschenrechte „in allen
OSZE-Mitgliedstaaten“. Kompromisse sind in dieser Frage unmöglich.

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