Bonn/Berlin, 13. Dezember 2010 – Oskar Lafontaine,
Fraktionsvorsitzender der Linken im saarländischen Landtag, sieht in
den Finanzschwierigkeiten von Ländern wie Irland nicht die
Hauptgefahr für die europäische Währungsunion. In der PHOENIX-Sendung
UNTER DEN LINDEN sagte Lafontaine, in Europa sei vielmehr eine
abgestimmte Lohnpolitik erforderlich. „Wenn das nicht geregelt wird,
ist der Euro nicht zu halten, dann wird die Währungsunion
auseinanderbrechen“, so Lafontaine. Außerdem müssten die Banken „an
die Kandare genommen“ werden, da ansonsten ein neue schwere Krise
drohe. „Wenn wir das nicht schaffen, dann freuen wir uns jetzt über
den Aufschwung, aber irgendwann kommt wieder so ein Tsunami aus der
Bankenwelt und spült alles hinweg.“ Damit die Politik den Mut zu
solchen Maßnahmen aufbringen könne, müssten Parteispenden durch
Banken und Versicherungen verboten werden, forderte Lafontaine.
„Sonst kriegen wir da keine Ordnung rein“, so der Linken-Politiker
bei PHOENIX.
Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft
(IW), widersprach dagegen der Einschätzung, dass die Stärke der
deutschen Exporte für die wirtschaftlichen Schwierigkeiten anderer
EU-Länder verantwortlich sei. „Es ist gut, wenn die deutsche
Wirtschaft stark ist, denn über die Exporte, die wir in die
Weltmärkte senden, ziehen wir enorm viele Importe aus den anderen
europäischen Ländern mit“, so Hüther. Beispielsweise liege der Anteil
Deutschlands an den griechischen Importen seit zehn Jahren konstant
bei nur 13 Prozent. „Wenn immer gesagt wird, ihr habt euch schadlos
gehalten an den armen Griechen, denen ihr mit euren billigen Löhnen
die Waren hingestellt habt – das ist gar nicht der Fall gewesen“,
erklärte Hüther. Außerdem sei die deutsche Binnenwirtschaft
Hauptträger des aktuellen Konjunkturaufschwungs. „Wir stehen vor
einer Renaissance des privaten Konsums“, sagte der
Wirtschaftsforscher voraus. Scharfe Kritik übte Hüther an Vorschlägen
etwa des ehemaligen BDI-Präsidenten Hans-Olaf Henkel, die europäische
Währungsunion aufzulösen oder zwei Euro-Zonen einzuführen, da dies
auch zu neuem Protektionismus zum Schaden Deutschlands führen könne.
„Ich halte das für unverantwortliches Gerede. Europa verliert damit
insgesamt“, warnte Hüther in der PHOENIX-Sendung.
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