Mit Social Media Monitoring (SMM) können Unternehmen Meinungen zu ihrem Angebot und Marktentwicklungen schnell wie nie auswerten. Doch viel zu selten werden die Möglichkeiten des SMM bisher wirklich genutzt.
Für Unternehmer ist es eigentlich ein Traum: einer, dem Jahrzehnte Marktforschung hinterherliefen, dem zahllose Befragungen und Fokusgruppen-Gespräche gewidmet wurden – und was den Marketingstrategen sonst noch einfällt. All das, um der großen Unbekannten mit Namen „Zielgruppe“ auf die Spur zu kommen, ihre Vorlieben und Abneigungen zu erahnen und gewinnbringend in die Realisation des eigenen Angebots zu integrieren.
Der Traum, er ist ebenso einfach wie – so schien es – unrealistisch: einen Blick in die Köpfe der Zielgruppe zu erhaschen, ungetrübt von Faktoren wie ebenjener sozialen Erwünschtheit, die die Äußerungen von Teilnehmern in jedem als Marktforschung deklarierten Kontext beeinflussen. Kurz gesagt: Es ist der Traum zu wissen, was die Kunden wollen – und darauf optimal reagieren zu können. Wer die Nachfrage durchschaut hat, kann sein Angebot perfektionieren.
Arenen der freien Meinungsäußerung
Voraussetzung für ein wirklich authentisches Meinungsbild ist generell, dass sich die Beteiligten aus freien Stücken äußern, also nicht motiviert durch Anreize, die z. B. durch das Unternehmen künstlich geschaffen werden. Dies führt ansonsten zum Gefühl sozialer Verpflichtung – und damit wiederum zu potenziell verfälschten Antworten. Auch die formale Gestaltung der Aussage sowie Kanal und Adressaten ihres Kommunikationsbeitrags sollten die Teilnehmer frei wählen können. Es gilt: Selbstbestimmung ist Trumpf, will man eine ehrliche Meinung erhalten ¬und den Kunden tatsächlich zum König machen. Und hier kommen sie ins Spiel: die sozialen Medien, Facebook, Twitter, Blogs und Co.
Soziale Medien, benannt nach ihrem „sozialen“ Primärziel, der Kommunikation, ermöglichen ihren Nutzern den ungefilterten Austausch mit einer zumindest theoretisch unbeschränkten Anzahl anderer Nutzer. Wo früher die Massenmedien und ihre Gatekeeper das Sendungsmonopol innehatten, bieten soziale Netzwerke und Blogsoftware heute Arenen der freien Meinungsäußerung nahezu ohne Zugangsbeschränkung. Was so online als Konglomerat unverbundener Einzelmeinungen beginnt, kann durch gezielte Auswertungsmaßnahmen Aufschluss auch über Konsumentenverhalten geben.
Dem Konsumenten in den Kopf geschaut?
Social Media Monitoring beschreibt Maßnahmen, die dazu dienen, benutzergenerierte Inhalte aus sozialen Netzwerken, Blogs, Foren, Video-, Foto- und Bewertungs-Portalen und vergleichbaren Online-Quellen zu erfassen und zu analysieren. Dies geschieht zumeist aus kommerziellen Motiven, z. B. im Rahmen von Marktforschung, kann jedoch auch im wissenschaftlichen Kontext von Bedeutung sein. Anders als beim reinen Web-Monitoring werden beim Social Media Monitoring nur usergenerierte Inhalte berücksichtigt; Artikel aus professionellen Online-Magazinen etc. sind nicht Teil der Analyse.
Unternehmen bietet professionelles SMM die Möglichkeit, auf Basis der Erkenntnisse begründete Entscheidungen über die zukünftige Ausrichtung ihrer Angebote zu treffen. Es besteht außerdem die Möglichkeit, mit den Usern in direkten Dialog zu treten (Social Media Relations) und so Einfluss vor allem auf problematische Urteile über das Unternehmen und seine Produkte zu nehmen.
Anbieter wie die Meltwater Group stellen Instrumente zum automatisierten Social Media Monitoring bereit, die Unternehmen einen Überblick darüber geben, was User über ihre Marke im Web publizieren. Meltwater Buzz, das nach Angaben der Meltwater Group weltweit führende SMM-Tool, berücksichtigt sowohl die Quantität der Äußerungen als auch deren thematische Ausrichtung, die Reichweite und die Bewertungstendenz der Postings. Direkte Verlinkungen zu den Quellen erleichtern die Kontaktaufnahme, z. B. mit Bloggern. Graphische Auswertungen machen die Ergebnisse auch für Nicht-SMM-Experten einfach erfassbar. Doch wie weit tragen SMM-Erkenntnisse in dieser Form?
Zahlen deuten – Kunden verstehen
Jedes Analyseinstrument ist nur so gut wie der, der es bedient. In Bezug auf SMM bedeutet dies: Die zunächst primär quantitativ erfassten Aussagen aus Blogs, Foren und sozialen Netzwerken bedürfen professioneller Handhabung mit hoher Deutungskompetenz, soll aus ihnen mehr werden als eine reine Momentaufnahme „verbalen Gewusels“ im Netz. Was zum Beispiel sagt es aus, wenn im Verlauf der Guttenberg-Affäre auf Twitter zunächst gehäuft die Begriffe „Doktorarbeit“ und „abgeschrieben“ auftauchen, die dann von „@Pro Guttenberg“ und „Bundestag“ abgelöst werden (Quelle: Meltwater)?
Während in diesem Fall leicht auf eine Spiegelung des Nachrichtenverlaufs geschlossen werden kann – vom Bekanntwerden der Plagiatsvorwürfe über erste Sympathiebekundungen für Guttenberg bis hin zur Fragestunde im Bundestag – fällt die qualitative Einordnung der Ergebnisse bei Weitem nicht immer so leicht. Insbesondere, wenn kein außergewöhnlicher äußerer Stimulus auf die User- bzw. Kundenmeinungen Einfluss nimmt, kann die Aufdeckung marketingstrategisch relevanter Tendenzen schwerfallen. Es bleibt des Weiteren die Frage nach der Repräsentativität der SMM-Analysen, die auch bei stetig wachsenden Social-Media-Nutzerzahlen nicht an Relevanz verliert. Und selbst die eindeutigsten Ergebnisse sind keine Selbstläufer in Sachen erfolgreicher Werbung: Um SMM-Studien in Geschäftserfolge verwandeln zu können, müssen auch Werbung und Marketing kompetent agieren.
Beziehungspflege im Netz
Social Media Monitoring sollte, dies bleibt zu ergänzen, nie zum Selbstzweck verkommen. Nur durch gezielte, an die im SMM erfasste Lebenswelt der Kunden anschließende Werbe- und Marketingmaßnahmen kann aus Wissen wirtschaftlicher Erfolg werden. Social Media Relations (SMR), die gewerbliche Beziehungspflege im Internet, ist dabei ein wesentliches Werkzeug. Nur, wer sich als Unternehmen aktiv an der Kommunikation im Web beteiligt, hat Chancen, diese in seinem Sinne mizugestalten. Dazu genügt nicht die unidirektionale Ansprache über die Unternehmens-Website. Ob Twitter, Facebook oder ein Corporate Blog – Marken, die mit ihren Kunden im Web auf Augenhöhe kommunizieren, gewinnen an Glaubwürdigkeit, Reaktionsschnelligkeit und Flexibilität.
Wichtig bleibt auch die bedachte Auswahl der Plattformen, auf denen sich das Unternehmen im Web präsentiert. Professionelle Agenturen betrachten SMM und SMR stets kritisch im Interesse ihrer Kunden, für die sie individuell die geeigneten Kanäle auswählen. Im Hinblick auf Social Media wird in Zukunft eine ähnliche Entwicklung zu verzeichnen sein wie in Bezug auf das Internet generell: Die Teilnahme wird irgendwann zur Pflicht, um nicht hinter die Konkurrenz zurückzufallen. Das Distinktionsmerkmal verschiebt sich dann in erster Linie zur Qualität und gezielten Platzierung des Web 3.0-Auftritts. Wer bei Social Media Monitoring und Social Media Relations frühzeitig auf die Unterstützung von Spezialisten setzt, ist hier klar im Vorteil.
Autoren-Information: Volker Weitkamp, geboren 1969, hat in Hamburg Kommunikationswirtschaft studiert und nahm dann den klassischen Weg durch Agenturen als Kundenberater. 1995 folgte die Selbstständigkeit mit der Werbeagentur Die Drei!. Heute ist er als Geschäftsführer auch verantwortlich für die Kundenberatung und hat somit seit 15 Jahren immer den direkten Draht zum Kunden. Als Marketing-Berater der KfW kennt er sich mit den Wünschen der Werbekunden genau aus. Er berät Unternehmen wie DuPont, Marantz Europe, BASF, Guinness oder die Niedersächsischen Ministerien.
Weitere Informationen unter:
http://diedrei.com