In diesen Tagen und Wochen fragt man sich, welchem
Antrieb die Politik hierzulande folgt. Gurken aus Spanien, Gemüse aus
Norddeutschland. Ursachen und Schuldige für die EHEC-Ausbrüche wurden
von Ministerien und Behörden schnell ausgemacht. Nach ein paar Wochen
stellte sich dies als falsche Fährte heraus. Der politische und
wirtschaftliche Schaden ist immens – die Verstimmungen in Madrid und
Brüssel sind im Grunde nachzuvollziehen, wenn vielleicht auch nicht
hilfreich bei der Problemlösung; die Frage, wer für die entstandenen
Schäden in Millionenhöhe aufkommt, bleibt erst einmal ungeklärt. Vor
allem aber liegt der „Schaden“ bei den Verbrauchern. Die
Verunsicherung der Bürger ist zu Recht groß, sie fühlen sich durch
übereilte Aussagen und den Schlingerkurs von Ministerien und Behörden
mehr verunsichert denn gut informiert. Der Glaube in eine souveräne
und verlässliche Krisenpolitik dürfte weiter gesunken sein.
Dabei ist eines unbestritten: Der Schutz der Gesundheit muss im
Vordergrund stehen. Von falschen Vorstellungen und Motiven geleiteter
politischer Krisenaktionismus nützt den Verbrauchern jedoch wenig.
Ebenso wenig ein Drängen auf möglichst noch schnellere Ergebnisse bei
den bereits intensiv und Rund-um-die-Uhr arbeitenden
wissenschaftlichen Einrichtungen.
Zuweilen kann man den Eindruck gewinnen, dass sich schnelles
Handeln um jeden Preis als oberstes Ziel bei Politikern zementiert
hat. Dies mag durchaus einem gesellschaftlichen und medialen Druck
auf die Politik geschuldet sein. Dennoch sind übereilte politische
Manöver ohne fachliche Absicherung fehl am Platz. Es muss um den
tatsächlichen Schutz der Bürger gehen. Ein gehetzter
Krisen-Aktionismus, der auch bei dem Dioxin-„Skandal“ zum
Jahresanfang die Oberhand gewann, darf sich nicht als Maxime
politischen Handels etablieren.
Kriminelles Handeln soll und darf nicht toleriert werden. Daraus
aber, wie im Dioxin-Fall, einen Verbraucherskandal hervorzurufen und
die Wahrnehmung eines großen Gesundheitsrisikos zu stimulieren,
obwohl zu keiner Zeit eine gesundheitliche Gefährdung vorlag, ist
weder eine redliche, noch zielführende Politik. Vielmehr führt sie zu
einer Fehlinformation der Verbraucher und in Folge zu Verunsicherung
und angstgesteuertem Handeln. Ebenso wenig kann man Produzenten und
Landwirte unter Generalverdacht mit einer Tendenz zur
Verbrauchertäuschung stellen. Im Gegenteil: Sie sind besonders an
einem funktionierenden Markt und der Aufdeckung der schwarzen Schafe
interessiert.
Die gesetzgeberischen Maßnahmen, die nun im Lebens- und
Futtermittelbereich umgesetzt werden, schießen am Ziel vorbei und
führen nicht zur Beseitigung von krimineller Energie. Vielmehr
beschwören sie ein Bürokratiemonster herauf, das unnötige Kosten
(allein) für die deutsche Wirtschaft verursacht – das vor allem aber
nicht zu mehr Sicherheit führt. Behörden alleine, d. h. ohne die
Zusammenarbeit mit den Marktbeteiligten, können im Kompetenzgewirr
zwischen Bund- und Länderzuständigkeiten, unzureichender Ausstattung
sowie fehlender Detailkenntnis nicht erfolgreich sein.
Bei dem Dioxin-Fall ging es lediglich um eine messtechnische
Grenzwertüberschreitung, ohne jede gesundheitsgefährdende Relevanz,
wie auch das Bundesinstitut für Risikobewertung bestätigte. Von den
EHEC-Bakterien hingegen geht eine reale und zuweilen
lebensbedrohliche Gefahr aus. Ministerien und Behörden müssen
schleunigst zu einem differenzierten Krisenmanagement übergehen, das
nicht wie beim Dioxin das Kinde mit dem Bade ausschüttet, sondern bei
einer tatsächlichen Gesundheitsgefährdung, wie im Fall von EHEC,
verantwortungsvoll und koordiniert agiert.
Kommentar von Wilhelm F. Thywissen, Vorsitzender von OVID –
Verband der ölsaatenverarbeitenden Industrie in Deutschland
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