KiK räumt erstmals Fehler ein und erklärt Bedauern -ARD-Film kritisiert Arbeitsbedingungen

Der Textildiscounter KiK, seit langem in den
Negativ-Schlagzeilen, hat erstmals Fehler eingestanden. Einen Tag vor
Ausstrahlung einer neuen ARD-Dokumentation über die
Arbeitsbedingungen von KiK sowohl in Deutschland als auch in
Bangladesch hat das Unternehmen eine Erklärung veröffentlicht, die
der NDR-Sendung „Panorama – die Reporter“ vorliegt: „In der starken
Wachstumsphase haben wir uns ganz auf unser Kerngeschäft konzentriert
und sicher Fehler gemacht. Dies bedauern wir außerordentlich.“ KiK
wolle sich nun „völlig neu positionieren und in Zukunft einen
konstruktiven Dialog mit der Öffentlichkeit führen“. Die Erklärung
betont, dass KiK „sichere Arbeitsplätze mit Perspektiven“ schaffe,
gibt aber keine Hinweise darauf, was das für die Beschäftigten in
Deutschland und die Näherinnen und Näher in Bangladesh bedeutet. KiK
wird vorgeworfen, in Deutschland Dumpinglöhne zu zahlen und in
Bangladesh mit einer rücksichtslosen Preisdrückerei die Armut der
Textilarbeiter zu verschärfen.

Die Presseverlautbarung vom Dienstag steht im deutlichen Gegensatz
zu der bisherigen Politik des Discounters. Nachdem „Panorama – die
Reporter“ schon im April 2010 die Geschäftspraktiken von KiK in
Deutschland wie im Herstellerland Bangladesch in einer Dokumentation
angeprangert hatte, überzog das Unternehmen den Norddeutschen
Rundfunk mit Anwaltsschreiben und Gerichtsverfahren. Verhindert
werden sollte eine erneute Ausstrahlung der Video-Beweise. Es wurde
sogar verlangt, der NDR müsse Material „vernichten“. In einer langen
Auseinandersetzung vor Gericht konnte sich der NDR durchsetzen und
die Vorhalte von KiK in allen relevanten Punkten entkräften.

Ungeachtet der KiK-Erklärung vom 3. August wird Das Erste am
Mittwoch, 4. August 2010, um 21.45 Uhr die Reportage über KiK senden.
Im NDR Fernsehen folgt ebenfalls am Mittwoch (4.8.) um 22.35 Uhr ein
weiterer Film zu KiK in der Reihe „Panorama – Die Reporter“.

Wie bereits gemeldet, hatte sich der Norddeutsche Rundfunk im
Rechtsstreit mit dem Textildiscounter KiK vor dem Hamburger
Landgericht im Wesentlichen durchgesetzt. Der NDR darf laut
Gerichtsbeschluss vier Arbeiterinnen aus Bangladesch auch weiterhin
als „KiK-Näherinnen“ bezeichnen. Diese Näherinnen nehmen eine
zentrale Rolle in der Beweisführung des Films „Die KiK-Story“
(„Panorama – die Reporter“, 7. April) ein. In der TV-Reportage zeigte
Reporter Christoph Lütgert KiK-Näherinnen in Bangladesch, die unter
menschenunwürdigen Bedingungen für den Textildiscounter arbeiteten.
KiK reagierte auf die damalige Ausstrahlung mit verschiedenen
Unterlassungsbegehren und versuchte so, die weitere Verbreitung des
Filmes zu stoppen.

Dies gelang schon damals in vielen Punkten nicht, an einer
wichtigen Stelle jedoch konnte sich KiK zunächst durchsetzen. Das
Landgericht Hamburg entschied am 21. Mai, der NDR dürfe nicht weiter
behaupten, die vier Näherinnen seien aktuell für die KiK GmbH oder
ihre Zulieferfirmen tätig oder tätig gewesen. Entscheidend für die
Gerichtsentscheidung waren eidesstattliche Versicherungen von
KiK-Mitarbeiterinnen aus Deutschland, wonach die fraglichen
Näherinnen in Bangladesch angeblich nicht mehr für KiK arbeiteten.
Diese eidesstattlichen Versicherungen beruhten im Wesentlichen auf
Hörensagen, doch vor Gericht reichte das zunächst aus. KiK hatte sich
nach dem Sieg in diesem Punkt (sowie zwei weiteren nachgeordneten
Randaspekten) in einer Pressemitteilung gebrüstet, man sei „froh,
dass derartige fehlerhafte journalistische Behauptungen und
Recherchen in Deutschland geahndet und untersagt werden“.

KiK löste mit diesem Etappensieg weitere Recherchen von „Panorama
– die Reporter“ aus, die letztendlich zur Umkehr der Entscheidung
führten. Reporter Christoph Lütgert reiste erneut nach Dhaka, um
weitere Beweise dafür zu finden, dass die vier Frauen Näherinnen für
KiK waren oder sogar noch sind. Dies gelang eindrucksvoll: alle
Details ließen sich vor Ort verifizieren, die Näherinnen gaben
eidesstattliche Versicherungen ab. Schließlich gelang es Reporter
Lütgert sogar, an den Arbeitsplatz einer der Näherinnen – eine
Fertigungshalle in Dhaka – zu gelangen. Hier konnte er zahlreiche
Produkte mit KiK-Label filmen.

Das Landgericht Hamburg würdigte die vorgelegten weiteren Beweise
des NDR und nahm daraufhin das Ausstrahlungsverbot per Urteil zurück.
Auch eine Reihe anderer von KiK vor Gericht bestrittener
Rechercheergebnisse darf der NDR weiter verbreiten, etwa die Aussage,
in einer Filiale habe sechs Winter lang die Heizung nicht
funktioniert, oder das Rechercheergebnis aus dem Film, wonach KiK mit
dem Ergee-Label Billigsocken aus Billigländern zu Markenware
veredele. Erfolgreich war KiK dagegen etwa in dem Punkt, der NDR
dürfe aus Gründen des Urheberrechts ein bestimmtes Foto des
KiK-Chefs Stefan Heinig nicht verbreiten, das einer
KiK-Mitarbeiterzeitschrift entnommen war.

Fotos: www.ard-foto.de

3. August 2010

Pressekontakt:
NDR Norddeutscher Rundfunk
NDR Presse und Information
Telefon: 040 / 4156 – 2300
Fax: 040 / 4156 – 2199
http://www.ndr.de