Die Bemühungen, Menschen mit Behinderung zu
integrieren, Inklusion zu leben, sind vielfältig. Doch wo steht
Deutschland in diesem Prozess? „Wir haben eine integrative
Gesellschaft, der Zustand der Inklusion ist noch lange nicht für alle
erreicht.“, stellt die Ergotherapeutin Azize Kasberg, DVE (Deutscher
Verband der Ergotherapeuten e.V.) fest. Ihr Fazit: Es gibt Erfolge
und Veränderungen. In Kindergärten und Schulen, in Werkstätten und
anderen Einrichtungen bis hin zu wenigen Vorzeigeunternehmen. Doch
unterm Strich gibt es noch viel zu tun: Es ist ein großes
Aufgabengebiet, Menschen mit Behinderung ebenso wie ihr Umfeld
vorzubereiten und zu gestalten.
Kann Inklusion einfach sein? „Ja.“, sagt Azize Kasberg, „Wenn alle
mitmachen. Dann geht es leichter.“ Die Ergotherapeutin befasst sich
vorwiegend mit dem Thema Behinderung. Inklusion und das Einbeziehen
von Menschen mit Behinderung sind ihr wie eigentlich allen
Ergotherapeuten eine Herzensangelegenheit. Voller Begeisterung
berichtet sie von Projekten und Menschen, die zeigen, welch positive
Wirkung gelebte Inklusion hat- auf die Menschen mit Behinderung
ebenso wie auf ihr Umfeld.
Inklusion braucht Fördernde
Es sind Viele: Immerhin fast jeder zehnte Mensch in Deutschland
ist schwerbehindert, also mit einem Grad der Behinderung von 50 bis
100%. Nur die wenigsten, nämlich lediglich vier Prozent aller
Betroffenen, haben ihre Behinderung von Geburt an. „Diese Fakten hat
man nicht sofort vor Augen.“, bestätigt Kasberg. Aus diesem Grund
kommt Unternehmen eine besonders wichtige Rolle bei der Inklusion
erwachsener Menschen mit Behinderung zu. „Bei weit über 80% geht die
Behinderung auf eine Krankheit zurück.“, fährt die Expertin fort und
erklärt weiter, dass Viele durch ihre Erkrankung aus ihrem
Berufsleben gerissen wurden und dorthin auch gerne zurückkehren
wollen. Vor dem Hintergrund von Fachkräftemangel und demografischer
Entwicklung sind Firmen mittlerweile verstärkt an eingearbeiteten,
qualifizierten Fachkräften interessiert. Häufig rufen sie dann
Ergotherapeuten auf den Plan, die sich um die berufliche
Wiedereingliederung kümmern. Menschen mit einer Behinderung steht
ebenso wie dem Unternehmen, das sie beschäftigt, Unterstützung auf
mehreren Ebenen zu. Gibt es beispielsweise Schwierigkeiten am
Arbeitsplatz, kommen so genannte Job-Coaches, die häufig einen
ergotherapeutischen Background haben, zum Einsatz. Das Besondere:
Job-Coaches arbeiten erst einmal selbst mit, lernen die Prozesse
kennen, packen mit an und haben somit eine große Akzeptanz im
Unternehmen.
Inklusion birgt viele Chancen
Wer sich mit Inklusion und den Besonderheiten und Befähigungen von
Menschen mit Behinderung befasst, kann auch die Chancen der Inklusion
erkennen. Mittlerweile reifen Geschäftsideen, die es vorher nicht
gab: So gibt es inzwischen beispielsweise in der IT-Branche
Unternehmen, die die besonderen Begabungen von Menschen mit einer
leichten Autismus-Spektrum-Störung, dem Asperger-Syndrom, zum
Geschäftsmodell machen. Menschen mit Asperger-Syndrom zeichnen sich
durch ihre große Leidenschaft für ihr Spezialgebiet aus, sind dabei
sehr detailgenau und schnell, auch bei komplexen Aufgabenstellungen.
Doch nicht nur, weil sich ihre Dienstleistungen bei höchster Qualität
rechnen, prosperieren solche Unternehmen. Die Kunden wollen die
Inklusion, unterstützen aktiv den Integrationsprozess und gehen sogar
so weit, sich durch Ergotherapeuten in Sachen Umgang und
Kommunikation mit den autistischen Geschäftspartnern beraten und
schulen zu lassen. Denn eines ist klar: Inklusion ist nur dann
einfach, wenn sich das Umfeld bei der Vorbereitung und Anpassung
professionell beraten und unterstützen lässt. Der Change-Prozess muss
begleitet werden, damit das Miteinander gelingt.
Inklusion ist ein Imagegewinn und verbessert das Arbeitsklima
Gleiches gilt bei der Übernahme und Integration von Mitarbeitenden
aus Werkstätten. Denn es findet eine Öffnung statt, immer mehr
Unternehmen bieten sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze an,
anstatt die Werkstatt als Dienstleister zu beauftragen. Der
zielgerichteten Unterstützung von Spezialisten wie Ergotherapeuten
ist es zu verdanken, dass das Ganze zum Erfolg führt. Indem sie die
Rahmenbedingungen prüfen, den Einstieg mit möglichst wenig
Reibungsverlusten gestalten und insbesondere die Menschen mit einer
Behinderung befähigen, ihre eigenen Grenzen wahrzunehmen und zu
artikulieren. Auch alle anderen Beteiligten profitieren von der
allparteilichen Haltung und Arbeit der hier tätigen Ergotherapeuten.
Es hat sich gezeigt, dass – bestärkt durch diese Haltung von Menschen
mit Behinderung – auch andere stärker auf ihre Selbstwahrnehmung und
eigenen Stärken und Grenzen achten. Und ein neues Bewusstsein für
körperliche oder psychische Belastungen und die Möglichkeiten der
Entlastung entwickeln. In Summe entsteht mehr Awareness, also
Bewusstheit, mit Beeinträchtigen oder belastenden, Stress
verursachenden Situationen umzugehen.
Das ergotherapeutische „Wie“ macht den Unterschied
Haben Ergotherapeuten ein besonderes „Händchen“ für Menschen mit
Behinderung? „Es ist ein ergotherapeutisches Grundverständnis, sich
auf die Fähigkeiten und Ressourcen der Klientel zu fokussieren.“,
erläutert die Ergotherapeutin Kasberg. Ergotherapeuten lenken die
Aufmerksamkeit auf das, was jemand kann. Was bedeutet, dass nicht die
Krankheit oder in diesem Fall die Behinderung des Menschen im
Vordergrund steht, sondern seine Begabungen und Fertigkeiten. Und die
fördern Ergotherapeuten, so dass die Betroffenen Defizite, die durch
eine Erkrankung oder eine Behinderung da sind, kompensieren können.
Und dadurch das, was sie tun, erfolgreich tun. Konsequent im
Positiven zu bleiben, Handlungskompetenzen zu erweitern, die
Autonomie zu fördern und die Menschen in ihrem Handeln zu bestärken:
das sind die Motivatoren, die Ergotherapeuten nutzen, um eine
nachhaltige, dauerhafte Wirkung zu erzielen.
Informationsmaterial gibt es bei den Ergotherapeuten des DVE
(Deutscher Verband der Ergotherapeuten e.V.); Ergotherapeuten in
Wohnortnähe auf der Homepage des Verbandes unter www.dve.info im
Navigationspunkt Service und Ergotherapeutische Praxen.
Pressekontakt:
Angelika Reinecke, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit des DVE e.V.
Telefon: 033203 – 80026, E-Mail: a.reinecke@dve.info
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