Düsseldorf – Laut einer aktuellen Befragung der Keylens Management Cosultants gibt es
einen Trend zur Kundenfokussierung bei deutschen Unternehmen. Die Ergebnisse wurden
beim CMO-Circle der Financial Times Deutschland http://ftd.faktor3server.de/cmocircle in
Düsseldorf präsentiert. Jedes zweite befragte Unternehmen gewinnt regelmäßig das
Wissen und die Meinung der eigenen Kunden. 42 Prozent setzen diese Analysen bei ihrer
strategischen Ausrichtung ein. Jedoch geben 54 Prozent der Unternehmen zu Protokoll,
dass es keine einheitliche Strategie für Marketing, Vertrieb und Kundenservice gibt. Nur
bei knapp ein Drittel ist die Kundenfokussierung im Top-Management verankert.
„Unternehmen müssen Kundenwissen als Kernkompetenz entwickeln, Kundenkennzahlen
im Management auf die Top-Agenda setzen, Kundenfokussierung organisatorisch
verankern und entsprechend handeln“, fordert Professor Christoph Burmann von der Uni
Bremen.
Werner Schmidt von LVM Versicherungen berichtete in Düsseldorf von den
Herausforderungen im Kundenservice. Bereits 2003 wurde ein Programm in seiner Firma
gestartet, um eine einheitliche Sicht auf den Kunden zu ermöglichen. Die größte
Herausforderung stellte die Informationslogistik dar, also ein zentralisiertes System für
Innendienst, Agenturen und Kunden, um Missverständnisse oder Doppelbearbeitung zu
vermeiden. Zunächst mussten die Agenturinhaber ins Boot geholt werden. Mit der
Durchführung eines Business Theaters konnte man die Agenturen davon überzeugen, die
Datenhoheit über „ihre“ Kunden abzugeben, indem gezielt die Emotionen angesprochen
wurden. Interviews im Vorfeld mit den Betroffenen sorgten für die richtige Sprache. Das
Ergebnis: Entwaffnung durch direkte Ansprache von Ängsten und Sorgen. Im weiteren
Projektverlauf wurde eine offene Kommunikation über ein gemeinsames Online-Forum
zwischen den einzelnen Geschäftsstellen aufgebaut. Gemeinsames Erleben und Dialoge
in Gang setzen sei ein weiterer Erfolgsfaktor, um einen „Servicepakt“ zwischen Innendienst
und Außendienst zu schließen. Auch wird laut Schmidt die Veränderungsbereitschaft
dadurch gefördert, dass abteilungs- und standortübergreifende Begegnungsmöglichkeiten
geschaffen werden. In einer Patenaktion „Begleiter des Wandels“ wurden die Schulungen
von Innendienstmitarbeiter durchgeführt.
Bei Europcar lautet das Service-Motto „Gelungene Begegnungen“. Während die Island-
Aschewolke alle Flugzeuge im Frühjahr auf den Boden gehalten hat, wurde die
Improvisationskraft der Mitarbeiter in den Mietstationen gefordert, um beispielsweise
Fahrgemeinschaften zu organisieren. Damit auch das Management mehr Mitgefühl mit
dem Kunden gewinnt, müssen Europcar-Führungskräfte seit Mai 2010 täglich mindestens
zwei Kundenfeedback-Gespräche führen.
Wer sich nur auf die Kundenfokussierung und Messung der Kundenzufriedenheit
konzentrieren würde, springt zu kurz, warnt Torsten Müller von Carglass. Als Quelle des
Erfolgs sieht er das Engagement seiner Mitarbeiter, sich für die Markenwerte von Carglass
zu engagieren. „Unsere Mitarbeiter sind unsere Werbestars“, sagte Müller. Nach jeder
Werbeschaltung steige der Umsatz deutlich in der Filiale an, aus der der Mitarbeiter
stammt, der im TV-Spott mitwirkt. Logisch, dass jedes Casting für eine neue Werbefilme die
Motivation und Zusammengehörigkeit im Unternehmen fördert. Deswegen schwört Müller
auch auf das Konzept der Regionalität: Ronny Marx, der sächselnde Mitarbeiter aus dem
Schwabenland habe enorme Medienresonanz erzeugt.
Marcell D‘Avis http://blog.1und1.de/2009/12/25/marcell-davis-leiter-fuer-
kundenzufriedenheit-2/, Leiter Kundenzufriedenheit und neuer Werbestar der 1&1,
erklärte, dass es dank einer internen Qualitätsoffensive, kundenfreundlicher Tarif- und
Vertragsgestaltung sowie mehr Möglichkeiten für einen offenen Kundendialog gelungen
sei, die Kundenstimmung zu drehen. Einer der wichtigsten Kanäle für mehr Kundennähe
sei das Internet. Im Herbst 2009 wurde das Social Media-Team bei der
Unternehmenskommunikation aufgesetzt. „Verbindungsoffiziere“ aus dem Serviceteams
sind mit dabei. Man setzt auf Internet-Foren, Twitter,
Facebook http://www.facebook.com/1und1 und startete einen Marcell Davis-Blog.
Ergebnis: Rund 20.000 Einträge im Forum, 50.000 monatliche Besucher auf dem Blog,
2262 Facebook-Fans, 4.450 Twitter-Follower und eine Million registrierte Nutzer im
Kundenforum.
Kritik an diesen Kommunikationskonzepten kam von HanseNet-Marketingmanager Thomas
Heise http://www.hansenet.de/: „Wer sich in der Werbung allein über die Servicequalität
positioniert, senkt die Kundenzufriedenheit.“ Er begründet das mit der Erwartungshaltung
der Kunden. Nur die wenigsten Unternehmen seien in der Lage, die Serviceversprechen
einzulösen. Für Heise ist Kundenorientierung nicht Chefsache, sondern Aufgabe der
Mitarbeiter. Um allerdings Mitarbeiter dazu zu bewegen sich für ihre Kunden zu
engagieren, müssten Chefs diese Werte täglich vorleben.
Mitarbeiter als Multiplikatoren im Kundenservice einzusetzen, sei in den meisten
Unternehmen ein reines Lippenbekenntnis, meint Bernhard Steimel: „In großen
Organisationen wird die Belegschaft doch überhaupt nicht ernst genommen. Es herrscht in
vielen Führungsetagen ein Regime der Angst und Repression. Da kann keine
Serviceorientierung gedeihen. Mit demotivierten Arbeitskräften ist es unmöglich, wirklich
kundenorientiert zu arbeiten. Wer innerlich gekündigt hat, lässt die Kundenfokussierung
ins Leere laufen. Alles andere sind Werbebotschaften ohne Substanz“, kritisiert Steimel,
Sprecher der Smart Service Initiative http://smartservice-blog.com/. Glaubt man den
Umfragen zur Motivation am Arbeitsplatz, so haben knapp 90 Prozent der Mitarbeiter in
Deutschland eine geringe bis sehr geringe emotionale Bindung an ihr Unternehmen.
Zwischen 10 und 20 Prozent aller erwerbstätigen Bundesbürger gelten sogar als
ausgesprochen unzufrieden und demotiviert. „Das widerspricht doch den ganzen
Begeisterungsthesen, die von Marketingabteilungen in die Welt geblasen werden.
Anspruch und Wirklichkeit klaffen weit auseinander“, moniert Steimel.
Kundenfokussierung, Mitarbeiter als Werbestars oder Analysetools zur Gewinnung der
Kundensicht seien auch nach Ansicht des Serviceexperten Peter B. Záboji keine
Wundermittel. „Kunden haben ein feines Gespür für die Glaubwürdigkeit von
Unternehmensbotschaften. Wenn Dienstleistungen oder Produkte den Kunden
überzeugen, zählt die Empfehlung zur wirklich harten Währung im Marketing. Da reicht es
nicht aus, eine Facebook-Fanpage oder ein Twitter-Account aufzumachen. Unternehmen
müssen sich die Aufmerksamkeit ihrer Kunden verdienen“, resümiert Záboji, Chairman des
After Sales-Dienstleisters Bitronic http://www.bitronic.eu/mission-statement/.
In einem Klima der Angst gedeiht kein guter Service – Demotivierte Mitarbeiter bringen keine Kundenorientierung
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