Hessische Chemie erwartet leichten Dämpfer beim Wachstum

Die chemische Industrie in Hessen hat das Tal
der Tränen durchschritten. Die Chemieanlagen laufen wieder auf vollen
Touren. Die Branche konnte ihren Umsatz in der ersten Jahreshälfte
2010 um 8,8 Prozent auf 11,0 Milliarden Euro steigern. Damit hat sie
das Vorkrisen-Niveau fast wieder erreicht, teilte der Landesverband
Hessen im Verband der Chemischen Industrie (VCI Hessen) in Frankfurt
mit.

Besonders dynamisch hat sich das Auslandsgeschäft entwickelt. Es
legte um 10,4 Prozent auf 7,2 Milliarden Euro zu, während das
Inlandsgeschäft lediglich um 5,8 Prozent auf 3,8 Milliarden Euro
stieg.

Die Wachstumsdynamik werde sich allerdings im zweiten Halbjahr
leicht abschwächen, erwartet Dr. Helmut Prestel. Das
Vorstandsmitglied des VCI Hessen rechnet wegen der sich abzeichnenden
konjunkturellen Eintrübung insbesondere in den USA und China sowie
auslaufenden Konjunkturprogrammen für das Gesamtjahr 2010 in Hessen
mit einem Umsatzplus von 8,0 Prozent.

Angesichts der unerwartet günstigen Entwicklung hat sich auch die
Beschäftigungssituation entspannt. Zwar sank die Zahl der Mitarbeiter
der hessischen Chemie- und Pharma-Unternehmen gegenüber dem ersten
Halbjahr 2009 um zwei Prozent auf 55.478. Doch blieben die
Beschäftigtenzahlen der Chemiesparten in den ersten sechs Monaten
diesen Jahres nahezu stabil. Lediglich in der Pharmasparte waren sie
erstmals rückläufig. Neben dem Auslaufen wichtiger Patente machen die
Arzneimittelhersteller dafür die gesetzgeberischen Eingriffe in den
Arzneimittelmarkt verantwortlich.

Daher sieht Dr. Prestel trotz der aktuellen positiven Entwicklung
erste Wolken am Konjunkturhimmel: Zum einen beklagt er, dass
ausgerechnet die pharmazeutische Industrie, die sich in der Krise als
Stabilitätsanker erwiesen habe, durch die drastisch erhöhten
Hersteller-Zwangsrabatte sowie das geplante
Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz geschwächt werde. Die seit August
geltenden Herstellerrabatte für Arzneimittel würden insbesondere
standorttreue, mittelständische Arzneimittelhersteller ohne
wesentliches Auslandsgeschäft treffen.

Zum anderen bereiten dem Vorstand die Energiekosten Sorgen. Die
Energieproblematik habe sich für die besonders energieintensive
Chemie durch das am 1. September beschlossene Sparpaket der
Bundesregierung deutlich verschärft, betonte er. Es sieht massive
Erhöhungen der Energiesteuern für die Wirtschaft vor: „In der
hessischen Chemie werden sich die Stromkosten nach Berechnungen
unserer Firmen bis 2012 verdreifachen.“ Die in Deutschland ohnedies
hohen Energiekosten könnten sich zu einem Hemmschuh für die
nachhaltige Erholung entwickeln.

Prestel setzt nun auf die Landesregierung, die sich stets gegen
weitere Steuern und Abgaben ausgesprochen habe. „Wir hoffen, dass
sich diese Haltung auch in der Position des Landes wiederfindet, wenn
das Sparpaket demnächst im Bundesrat diskutiert wird.“

Die gerade überwundene Krise habe gezeigt, wie wichtig
industriefreundliche Rahmenbedingungen für den Standort Hessen sind.
Der hohe Anteil produzierender Unternehmen an der hessischen
Wirtschaft habe sich als Vorteil erwiesen und das Bundesland
stabilisiert. „Die im internationalen Wettbewerb stehende Wirtschaft
sollte Lokomotive sein und nicht gebremst werden“, betonte Prestel.
Er fordert ein eindeutiges politisches Bekenntnis zu Forschung und
Innovation sowie zur Förderung der naturwissenschaftlichen Bildung.

Der VCI Hessen ist die wirtschaftspolitische Interessenvertretung
für 220 Mitgliedsfirmen der chemischen und pharmazeutischen Industrie
in Hessen. Eingebunden in das VCI-Netzwerk auf Bundesebene und in
Brüssel steht der Landesverband im ständigen Dialog mit Politik,
Behörden, anderen Wirtschaftsbereichen sowie wissenschaftlichen
Einrichtungen und Schulen. Sitz des VCI Hessen ist Frankfurt am Main.
Weitere Informationen finden Sie unter www.vcihessen.de .

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Magali Schleifer
VCI Hessen-Pressestelle
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