Im Zuge ihrer Nachbarschaftspolitik hat die
Europäische Union für das Unruheland Tunesien einen ehrgeizigen
Aktionsplan entwickelt. Dabei geht es um die Stärkung einer
verantwortungsvollen Staatsführung, um politische Reformen,
Demokratie und Menschenrechte. Sehr lobenswert, ohne Frage. Der
einzige Nachteil: Der Plan stammt aus dem Jahr 2005 und blieb
folgenlos, wie wir wissen. Das überraschend ehrliche Eingeständnis
des französischen Präsidenten Sarkozy, Paris habe die Misere in
Tunesien total unterschätzt, gilt auch für die Institution EU.
Während in Tunis wieder die Volkswut hochkocht, erwägt man in Brüssel
noch eine Aufstockung der Hilfe. Und man arbeite an Maßnahmen zur
Förderung der Demokratie, ließ EU-Außenministerin Ashton erklären.
Seit einem Jahr ist die Britin im Amt, und es wäre kühn zu behaupten,
dass Europas außenpolitisches Gewicht seitdem zugenommen habe.
Strategische Reaktionspläne für den Umgang mit Staatskrisen, ob in
der Nachbarschaft der EU oder in Europa selber wie derzeit in
Albanien, scheint es nicht zu geben. Ashtons Schaffenskraft zermürbt
sich im Posten- und Machtgeschiebe zwischen der EU-Kommission und den
Mitgliedstaaten. Bei Amtsantritt hatte sie versprochen, durch „stille
Diplomatie“ zu überzeugen. Ganz so still muss sie allerdings auch
nicht ausfallen.
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