Als sich die winzige südosteuropäische Region
Kosovo, ein Drittel kleiner als Schleswig-Holstein, im Februar 2008
zum unabhängigen Staat erklärte, konnten die Kosovaren trotz aller
ungeklärten völkerrechtlichen und wirtschaftlichen Probleme mit viel
Sympathie in Europa rechnen. Das Kosovo – ausgerechnet die Wiege des
serbischen Nationalismus – galt als tapferes Opfer der Serben, deren
Aggressionen und „ethnische Säuberungen“ samt Konzentrationslagern
auch aus dem Bosnien-Krieg noch im Gedächtnis waren. Zukünftig dürfte
das Kosovo politisch einen schweren Stand haben. Wenn die offenbar
bestens belegten Vorwürfe des Europarates stimmen, ist das Land bis
zur Spitze von einer mörderischen Mafia durchdrungen, die sogar die
regional typische Korruption und Kriminalität weit in den Schatten
stellt. Dann wäre Serbiens Außenminister zuzustimmen, der meinte, es
stelle sich nun die Frage nach Premier Thacis Zukunft. Einen
Schwerkriminellen, womöglich einen Mörder, an der Spitze eines
Staates kann sich Europa nicht leisten. Doch ein Skandal mit noch
größerer politischer Sprengkraft lauert im Kleingedruckten des
Europarats-Berichtes. Falls es tatsächlich zutrifft, dass EU, USA und
Uno aus taktischen Erwägungen die Augen vor dem Organhandel
verschlossen haben, wäre dies ein beispielloser moralischer
Offenbarungseid des Westens.
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