Lottoverband warnt vor vorsätzlich falscher
Interpretation der Stellungnahme der EU-Kommission
In einer soeben veröffentlichten Presseinformation „begrüßt“
Ministerpräsident Kurt Beck das „positive Votum aus Brüssel“. Damit
kann er kaum das heute bei ihm eingegangene Schreiben der
EU-Kommission gemeint haben. Denn das bescherte ihm eine Niederlage,
die kaum gravierender hätte ausfallen können. Dass eine Staatskanzlei
die negative Stellungnahme der Kommission jetzt fälschlich als
Zustimmung zum unterschriebenen Staatsvertrag uminterpretiert,
bestätigt, dass dahinter taktisches Kalkül steckt.
In der Tat hat die EU-Kommission die 15 Bundesländer in ihrer
heutigen Stellungnahme diplomatisch, aber sehr bestimmt in mehreren
Punkten kritisiert:
– Die Stellungnahme der Kommission ist keine „abschließend
positive Stellungnahme“ (eine solche Stellungnahme haben die
übrigen Länder zur Voraussetzung gemacht, um den
Ratifikationsprozess in den Landtagen einzuleiten).
– Die Kommission kann Gesamtkohärenz des GlüÄndStV noch nicht
beurteilen (dazu müssen alle glücksspielrechtlichen
Vorschriften, also auch Bundesrecht zu Pferdewetten und
Automatenspielen, geändert und notifiziert werden).
– Der Abschluss des Notifizierungsverfahrens bedeutet nicht
automatisch, dass die notifizierte Regelung unionsrechtskonform
ist, und schließt die spätere Einleitung eines
Vertragsverletzungsverfahren gegen den GlüÄndStV nicht aus.
– Die Kommission fordert erneut eine Erklärung dafür, warum
gewerbliche Spielvermittler insgesamt 32 Einzelerlaubnisse für
eine bundesweite Tätigkeit einholen müssen (Sportwettenlizenzen
und Erlaubnisse für Klassenlotterie-Einnehmer gelten dagegen
bundesweit).
– Die Kommission weist erneut darauf hin, dass Geeignetheit und
Verhältnismäßigkeit von Beschränkungen für Sportwettenlizenzen
(begrenzte Lizenzanzahl, Einsatzlimits, Werbebeschränkungen und
-verbote) nachgewiesen werden müssen.
– Die Kommission erinnert mehrfach daran, dass Erlaubnisverfahren
transparent und nichtdiskriminierend ausgestaltet sein müssen
und bestehende (= staatliche) Anbieter nicht bevorzugt werden
dürfen.
– Die Kommission kann nicht einschätzen, ob die sehr restriktiven
Lizenzbedingungen ein wirtschaftlich tragfähiges legales
Glücksspielangebot in Deutschland ermöglichen (das ist
Voraussetzung für die Geeignetheit des Lizenzsystems).
– Kein Nachweis von besonderen Geldwäsche- und Suchtgefahren bei
Online-Kasinospielen und Poker.
– Geeignetheit und Verhältnismäßigkeit des Totalverbots für
Online-Kasinospiele und Poker wurden nicht nachgewiesen.
– Werberichtlinien sollen zur Überprüfung eingereicht werden,
sobald diese erstellt sind.
– Die Kommission erinnert die Länder erneut an ihre weiter
bestehenden Notifizierungspflichten (z.B. in Bezug auf
Ausführungsgesetze zum GlüÄndStV).
– Die Kommission fordert die Länder mehrfach zur zeitnahen
Evaluierung des GlüÄndStV auf, die Ergebnisse sind der
Kommission mitzuteilen.
Um eine „abschließend positive Stellungnahme“ aus Brüssel zu
erhalten, müssen die Länder den Glücksspieländerungsstaatsvertrag
(GlüAndStV) und die weiteren Gesetze, die für eine konsistente Lösung
erforderlich wären, dort zunächst formell einreichen. Dies ist
bislang noch überhaupt nicht geschehen. Die Europäische Kommission
nimmt in ihrem heute veröffentlichten Schreiben daher lediglich
Stellung zu einem Schreiben der Bundesländer aus dem Dezember
vergangenen Jahres. Sie betont, dass ihr für eine Beurteilung der
Ausgewogenheit noch nicht einmal alle maßgeblichen Vorschriften
vorgelegt worden sind, geschweige denn Nachweise zum Ausmaß der mit
dem GlüÄndStV bekämpften Gefahrensituation.
Eine offizielle Nachnotifizierung würde wohl das vorzeitige Aus
für den neuen Staatsvertrag bedeuten.
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