Generalangriff auf das Insolvenzrecht

Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) plant einen
massiven Eingriff in das bestehende Insolvenzrecht. Prof. Dr. Hans
Haarmeyer – Vorstandsvorsitzender der Gläubigerschutzvereinigung
Deutschland e. V. ( www.gsv.eu ) und einer der führenden
Insolvenzexperten in Deutschland – sieht dadurch 250.000
Arbeitsplätze in Gefahr und fordert die Bundesregierung dringend auf,
von diesen Plänen Abstand zu nehmen. Denn der scheinbar kurzfristige
fiskalische Nutzen hätte volkswirtschaftlich katastrophale Folgen und
würde Deutschland als Sanierungsstandort auf die Ebene eines
Entwicklungslandes zurückwerfen.

Mit den jetzt in der ganzen Tragweite bekannt gewordenen
Vorschlägen des Bundesfinanzministeriums zur Haushaltssanierung ist
ein Generalangriff auf die Reformziele der Insolvenzordnung
verbunden, der in seiner volkswirtschaftlichen Gesamtdimension die
vorgeblichen Einsparungen um ein Vielfaches übersteigen und die
Entwicklung der „Kultur einer 2. Chance“ beenden wird.

Nach den Vorstellungen des Bundesministeriums für Finanzen (BMF),
die dem Vernehmen nach schon am 01.09.2010 im Bundeskabinett
behandelt werden sollen, gibt es künftig wieder Rangklassen der
Gläubiger, bei denen die Abgabenforderungen des Fiskus (Bund, Länder
und Gemeinden) den ersten Rang und die Forderungen der
Sozialversicherungsträger und der Bundesagentur den zweiten Rang
einnehmen. Alle übrigen Forderungen rangieren an dritter Stellen und
können daher künftig keine Quoten mehr erwarten. Zudem werden
Steuerverbindlichkeiten und Verbindlichkeiten von
Sozialversicherungsträgern im Eröffnungsverfahren zu
Masseverbindlichkeiten und Aufrechnungen bzw. Anfechtungen gegenüber
den Genannten für unzulässig erklärt.

Eine solche Kehrtwende des reformierten und weltweit als
vorbildlich anerkannten deutschen Insolvenzrechts zurück in das 19.
Jahrhundert vernichtet oder gefährdet schon nach Inkrafttretens
mindestens 250.000 Arbeitsplätze und besiegelt das endgültige
Schicksal von jährlich mindestens 6 bis 8.000 grundsätzlich
sanierungsfähigen Unternehmen. Mit einem so auf Zerschlagung und
staatliche Privilegierung ausgerichteten Recht gäbe es heute weder
SinnLeffers noch Karstadt oder die vielen hundert anderen aus der
Insolvenz geretteten und sanierten Unternehmen. Die
volkswirtschaftlichen Folgen durch einen Wegfall von Beitrags- und
Steuerzahlern, aufzubringenden Sozialleistungen, der Vernichtung von
Produktivkapital etc. führt zu einem jährlichen volkswirtschaftlichen
Schaden von ca. 10 Mrd. Euro – mithin dem Zehnfachen des jetzt
behaupteten Sparpotenzials.

Eine solche Privilegierung staatlicher Anspruchsträger gegenüber
den kleinen und mittleren Unternehmen wäre zudem eine völlige Abkehr
von der ordnungs- und wirtschaftspolitischen Grundorientierung der
Bundesregierung und würde einer reinen Zerschlagung insolventer
Unternehmen zur Befriedigung öffentlicher Ansprüche das Wort reden.
Es wäre zudem eine Vernichtung der Insolvenz als einer auch
strategischen Option und würde alle Bemühungen zur Verbesserung eines
sanierungsorientierten Umfeldes auf einen Schlag zunichte machen.

Mit der Einführung des Insolvenzrechts 1999 und der damit
einhergehenden Abwendung vom Konkurs, zielte der Gesetzgeber darauf
ab, Sanierungen zu ermöglichen, wo bislang nur Zerschlagung war. Mit
der geplanten „Ãœberarbeitung“ des Gesetzes wird faktisch wieder der
Konkurs eingeführt. Alle mit der Neuregelung verbundenen Optionen auf
Fortführung und Sanierung sind obsolet, sollte der Vorstoß gelingen.
Der ursprüngliche Zweck, langfristig volkswirtschaftlichen Schaden
abzuwenden, würde dann einer kurz gegriffenen verbesserten
Staatsquote geopfert. Die führt mittelfristig bereits zu erhöhter
Arbeitslosigkeit und einer starken Reduktion klein- und
mittelständischer Betriebe.

Wir fordern daher die Bundesregierung auf, statt eines Rückfalls
in kurzfristig fiskalpolitisches Denken den ordnungs- und
wirtschaftspolitisch richtigen Weg der Stärkung des
Sanierungsgedankens in Deutschland konsequent weiter zu verfolgen und
z. B.

– Das Antragsverhalten von Unternehmen in der Krise durch Anreize
statt durch Strafen positiv zu verändern.

– Den Gläubigern insgesamt mehr Einfluss auf das Verfahren und die
Auswahl der Insolvenzverwalter zu geben.

– Die Eigenverwaltung zu stärken und das Planverfahren zu
vereinfachen.

– Die sanierungs- und leistungsorientierten Verwalter zu stärken
etc.

… und damit zugleich den Grundgedanken zu fördern, dass der
beste Gläubigerschutz in der Sanierung und der Erhaltung von
marktfähigen Unternehmen und den darin gebundenen
Arbeitsverhältnissen liegt.

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