Gegenwind für Dobrindt / Bundesrat hat Bedenken gegen DWD-Gesetz (FOTO)

Gegenwind für Dobrindt / Bundesrat hat Bedenken gegen DWD-Gesetz (FOTO)
 

Nachbesserungen und Präzisierung nötig – Verstoß gegen
Wettbewerbsrecht – Private Wetterdienste begrüßen den Beschluss des
Bundesrates

Erfolg für private Wetterdienste und Unternehmen der digitalen
Wirtschaft: Der Bundesrat folgt den Bedenken des
Wirtschaftsausschusses gegenüber dem umstrittenen Gesetzesentwurf
„Erstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Deutschen
Wetterdienst“, auch DWD-Gesetz genannt. Der Bundesrat beanstandet
insbesondere unpräzise Angaben zur entgeltfreien Abgabe von digitalen
Wetterdaten (Open Data) und weist auf bedenkliche Verstöße gegen
europäisches Wettbewerbsrecht hin.

Das DWD-Gesetz wurde am 10. März 2017 im Bundesrat beraten. Es
stammt aus dem Ministerium für Verkehr und Digitale Infrastruktur des
Ministers Alexander Dobrindt (CSU). Das neue Gesetz würde dem
Deutschen Wetterdienst (DWD) im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage
erlauben, alle erdenklichen Wetter-Dienstleistungen für den
Endverbraucher rein steuerfinanziert und entgeltfrei auf dem Markt
anzubieten. Der Verband Deutscher Wetterdienstleister (VDW) sieht
dadurch den fairen Wettbewerb behindert und die Existenzgrundlage
sowie zahlreiche Arbeitsplätze in der Digitalwirtschaft insgesamt
bedroht.

Bundesrat sieht Behinderung privatwirtschaftlicher Anbieter

Mängel und Ungenauigkeiten im DWD-Gesetz, die der VDW seit
längerem kritisiert, hat der Bundesrat nun ebenfalls beanstandet. Der
VDW sieht sich daher in seiner Position bestätigt. Der Bundesrat
bittet in seinem Beschluss vom 10. März darum, den Gesetzentwurf im
weiteren Gesetzgebungsverfahren zu überarbeiten. So sei zu
präzisieren, welche Daten der DWD mit welcher zeitlichen Verzögerung
über das Geoportal entgeltfrei bereitzustellen habe.

Darüber hinaus bittet der Bundesrat darum, die Vereinbarkeit des
Gesetzes mit dem europäischen Wettbewerbsrecht zu prüfen. Die
Ländervertretung äußert gegenüber der „faktischen Ermächtigung“ des
DWD zur entgeltfreien Bereitstellung jeglicher Dienstleistung
erhebliche wettbewerbsrechtliche Bedenken und stellt fest: „Die
unentgeltliche Abgabe von Leistungen des steuerfinanzierten Deutschen
Wetterdienstes stellt eine Behinderung etablierter
privatwirtschaftlicher Anbieter dar.“

Gründliche Prüfung der Gesetzesnovelle gefordert

Der Bitte des Bundesrates, die Gesetzesnovelle gründlich zu prüfen
schließt sich der VDW in vollem Umfang an. „Ein erster Schritt in die
richtige Richtung“, begrüßt Dennis Schulze, Vorstandssprecher des VDW
und Geschäftsführer der MeteoGroup Deutschland GmbH den Beschluss
des Bundesrates vom 10. März 2017. „Wir wünschen uns, dass der
Gesetzgeber der Bitte des Bundesrates folgt und das Gesetz
überarbeitet. Durch präzise Vorgaben muss sichergestellt werden, dass
der Gesetzestext die Intentionen von Open Data und Digitaler Agenda
tatsächlich umsetzt und nicht, wie im bisherigen Entwurf, diese Ziele
auf den Kopf stellt.“

Auch Christoph Kreuzer, Geschäftsführer von wetter.com, sieht beim
Anbieten von Wetter-Dienstleistungen die Notwendigkeit klar
definierter Grenzen zwischen der Behörde DWD und privaten
Unternehmen: „Alles, was mit Unwettern zu tun hat, kann der DWD
entgeltfrei erbringen. Die Grenze entgeltfreier
Wetter-Dienstleistungen des steuerfinanzierten DWD ist aber dort zu
ziehen, wo Unwetter aufhören und das ganz normale Wetter anfängt.“

Verstoß gegen europäisches Wettbewerbsrecht

Der VDW fordert den Gesetzgeber auf, die vom Bundesrat erbetenen
Prüfungen und Änderungen vorzunehmen. Die entgeltfreie Erbringung
sämtlicher Wetter-Dienstleistungen für den Endverbraucher durch den
DWD stößt im Bundesrat auf erhebliche wettbewerbsrechtliche Bedenken.
Diese Ermächtigung verstoße gegen europäisches Wettbewerbsrecht und
gegen die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit. Zudem würden
Marktzutrittsschranken für neue oder bestehende Marktteilnehmer
errichtet. Der Bundesrat sieht in den grenzüberschreitenden
Wetter-Dienstleistungen des DWD eine Relevanz für den europäischen
Binnenmarkt.

Neben dem VDW hatten auch bereits der Bundesverband Digitale
Wirtschaft (BVDW) sowie der Verband Privater Rundfunk und Telemedien
(VPRT) heftige Kritik am DWD-Gesetz geübt. Durch das Gesetz werde ein
Präzedenzfall für die fehlerhafte Umsetzung von Open Data und
Digitaler Agenda in Deutschland geschaffen, heißt es von dort.

Bundesbehörden können auch anders

Ein Beispiel für eine gelungene Umsetzung der Ideen von Open Data
und Digitaler Agenda liefert aus Sicht des VDW das Bundeskartellamt.
Es hat 2013 die Markttransparenzstelle für Kraftstoffpreise
eingerichtet. Diese sammelt die aktuellen Kraftstoffpreise und stellt
sie in einem einheitlichen Datenformat als Open Data unter einer
Creative Commons-Lizenz zur Verfügung.

„Hier macht es der Gesetzgeber so, wie er es mit der Digitalen
Agenda auch beabsichtigt hat“, stellt Dr. Joachim Klaßen, Vorstand im
VDW und Inhaber der WetterOnline GmbH fest. „Die Behörde, hier das
Bundeskartellamt, sammelt Daten und stellt diese nachfolgend
unmittelbar zur weiteren Nutzung zur Verfügung. Mit der weiteren
Nutzung werden aus den Daten innovative Dienstleistungen, zum
Beispiel Tankstellen-Apps. Anders als im vorliegenden Entwurf des
DWD-Gesetzes wird hier aber nicht die datenhaltende Stelle selbst
ermächtigt, diese Dienstleistungen aus Steuermitteln und entgeltfrei
zu erbringen. Diese beispielhafte Umsetzung der Digitalen Agenda muss
für Wetter-Dienstleistungen ebenso gelten.“

Wortlaut des Beschlusses des Bundesrates vom 10. März 2017:
(http://ots.de/IBKjK)

1. Zum Gesetzentwurf allgemein

a) Der Bundesrat erkennt die Zielsetzung des Gesetzentwurfs an,
den Zugang zu und die Nutzung von meteorologischen Daten für
die Bürgerinnen und Bürger, Verwaltung und Wirtschaft zu
vereinfachen, um den Mehrwert aus der Nutzung der Daten durch
den privatwirtschaftlichen Sektor zu vergrößern und um
verbesserte Möglichkeiten der Weiterverwendung der Daten für
privatwirtschaftliche Nutzer jeglicher Art und insbesondere
Start-up-Unternehmen zu schaffen.

b) Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren „die
Bereitstellung von Geodaten und Geodatendiensten“ in § 6 Absatz
2a Nummer 3 DWDG-E zu präzisieren. In der derzeitigen Fassung
bleibt unklar, welche Daten der DWD in das so genannte
Geoportal einstellen muss und wann er dies tun muss. Im
Geoportal sind bereits heute Daten des DWD verfügbar, jedoch
überwiegend ältere Daten. Die Wetter-Dienstleistungsunternehmen
benötigen jedoch aktuellste Mess- und Radardaten, um diese für
ihre Anwendungen nutzen zu können.

2. Zu Artikel 1 Nummer 3 (§ 6 Absatz 2a Nummer 2 DWD-Gesetz)

Der Bundesrat bittet im Laufe des weiteren Gesetzgebungsverfahrens
die Vereinbarkeit des § 6 Absatz 2a Nummer 2 DWDG-E mit dem
europäischen Wettbewerbsrecht und den Grundsätzen der Niederlassungs-
und Dienstleistungsfreiheit des Binnenmarktes sorgfältig zu prüfen.

Begründung:

Die in § 6 Absatz 2a Nummer 2 DWDG-E enthaltene faktische
Ermächtigung des steuerfinanzierten Deutschen Wetterdienstes,
meteorologische und klimatologische Dienstleistungen entgeltfrei dem
Endverbraucher zur Verfügung stellen zu können, begegnet erheblichen
wettbewerbsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit
Europäischem Wettbewerbsrecht und den Grundfreiheiten der
Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit. Hierbei ist zu
berücksichtigen, dass nach ständiger Rechtsprechung des EuGH
europäisches Wettbewerbsrecht Anwendungsvorrang vor nationaler
Gesetzgebung genießt.

Die unentgeltliche Abgabe von Leistungen des steuerfinanzierten
Deutschen Wetterdienstes stellt eine Behinderung etablierter
privatwirtschaftlicher Anbieter dar und errichtet für den
Markteintritt neuer Anbieter oder neuer Angebote
Marktzutrittsschranken. Wetterdienstleistungen für Endverbraucher, so
zum Beispiel auch Reisewetterberichte, werden auf Grund des
zahlreichen Reise- und Ausflugverkehrs über Grenzen hinweg auch
grenzüberschreitend erbracht. Daraus ergibt sich eindeutig eine
Binnenmarktrelevanz.

Pressekontakt:
vorstand@wetterverband.de
Dennis Schulze (MeteoGroup): 030/60 09 80
Dr. Joachim Klaßen (WetterOnline GmbH): 0228/55 93 78 3
Hintergründe unter: www.wetterverband.de
Positionspapier des VDW: http://bit.ly/2fznUTD

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