Führung & Coaching 2018: Management-Hochschule mit erfolgreichem Fachkongress SELBSTFÜRSORGE IN DER DIGITALEN ARBEITSWELT

Führung & Coaching 2018: Management-Hochschule mit erfolgreichem Fachkongress  SELBSTFÜRSORGE  IN  DER  DIGITALEN  ARBEITSWELT
Prof. Dr. Berninger-Schäfer / Prof. Dr. Michael Nagy & Team. Weit. Namen am Textende. Foto: Motzko
 

MANNHEIM. Die Digitalisierung bestimmt mehr und mehr fast alle Bereiche des menschlichen Zusammenlebens. Im globalen Wirtschaftsleben ist sie bereits der Kernpunkt jeglichen Fortschrittes. Gleichwohl wurde auf die daraus entstehenden Gefahren auf die Arbeitswelt der Menschen bislang zu wenig Augenmerk gerichtet. Gerade deshalb erscheint der Aufbau eines wissenschaftsbasierten Systems der Selbstfürsorge von beachtlicher Relevanz. Die Leiterin des Karlsruher Instituts (KI), Prof. Dr. Elke Berninger-Schäfer, will hier, zusammen mit dem Präsidenten der Hochschule der Wirtschaft für Management (HdWM), Prof. Dr. Michael Nagy, erste Schritte gehen.

So fand Mitte Januar in der Aula der HdWM der Fachkongress „Selbstfürsorge in der Digitalen Arbeitswelt“ statt. Nahezu 100 Gäste, Professoren und Master-Studierende nahmen an der Veranstaltung teil, die von der Initiative zukunftsfähige Führung IZF e.V., dem Karlsruher Institut und der HdWM gemeinsam organisiert wurde.

Prof. Berninger-Schäfer kam auch gleich auf den Punkt und ging auf ein allseits vorherrschendes Defizit an Selbstfürsorge ein, das es zu „bekämpfen“ gelte. Demnach betreffen Selbstfürsorge: Für sich selbst sorgen und kümmern, fürsorglich mit sich umgehen, Selbstcoaching, Krisen bewältigen, Probleme lösen, persönliche und berufliche Ziele erreichen wollen, sich weiter zu entwickeln, persönliches Wohlbefinden herstellen und Sinnhaftigkeit erleben. Auf der Agenda der Veranstaltung fanden sich auch Fragen wie: Was ist Selbstfürsorge? – Das Gehirn als Problemlöseorgan? – Warum ärgert mich mein Amygdala? – Wie kann ich Einfluss nehmen auf mich selbst? – Welche Notfallapotheke habe ich parat für den liebevollen Umgang mit mir selbst?

Die Gehirnforschung lehrt: Alarmsystem Amygdala existenziell wichtig – es warnt vor Gefahren

Es sei anzustreben, die diversen Einflussgrößen wie ständige Erreichbarkeit, Verdichtung und Komplexität der Anforderungen, immer schneller werdende Veränderungszyklen und ständig neue Kompetenzen, unter Kontrolle zu halten. Dabei spiele selbstverständlich das menschliche Gehirn eine zentrale Rolle, sowohl mit seinen bewussten als auch unbewussten Anteilen.

Prof. Berninger-Schäfer: „Das Alarmsystem Amygdala warnt vor Gefahren und sorgt somit für die Überlebensfähigkeit des Organismus‘. Es ist unbewusst und um ein Vielfaches schneller als das bewusste Eingreifen. Entwicklungsgeschichtlich lernt das Gehirn durch emotional bedeutsame oder häufige Erfahrungen. Und so entstehen Überzeugungen und Glaubenssätze über die Wirklichkeit“. Im Weiteren wurde auf die Theorie der mentalen Introferenz, auf das epistemische und das introferente System (nach Studien von Angelika Wagner) eingegangen.

Es folgten Ausführungen aus der Transaktionsanalyse, die erklärt, welche Imperative sich bei welchen Menschen ausbilden. Eric Berne, Begründer Transaktionsanalyse, formulierte selbst fünf Gebote: sei perfekt, mach es anderen recht / sei gefällig, streng dich an, sei stark, beeil‘ dich. Daraus werden Lebensregeln internalisiert und wirken sich quasi als eine Art „innere Stimme“ aus.

Aktuell wichtigster Führungsmodus ist ,laissez faire‘ – als Organisieren des Selbstorganisierens

Mit „Selbstfürsorge als Führungskraft“ überschrieb Prof. Nagy seinen Vortrag. Dabei ging er insbesondere auf die folgenden Merkmale ein: Persönliche Expertise, Grundüberlegungen sowie die Herausforderung der Komplexifizierung (nach Prof. Fredmund Malik). Auch diverse Irrwege werden dabei thematisiert, z.B. überbordende Regelungen sowie der permanente Drang nach “mehr – schneller – immer“. Die praktischen Lösungsansätze müssen jedoch lauten: Wichtig statt vollständig, Organisieren von Selbstorganisation und Offene statt geschlossene Systeme. Über allem stehe, eine ausgewogene Balance für sein Tun zu finden.

Zum Thema Selbstorganisation sagt Prof. Nagy: „Aktuell wichtigster Führungsmodus ist ,laissez faire‘. Dies setzt aber die Konstruktion von selbstorganisierenden Teilsystemen sowie selbst lenkende und sich ,einregelnde‘ Mitarbeiter voraus. Und bei der Führungskraft muss die Fähigkeit vorhanden sein, loszulassen und Vertrauen zu geben“. Dazu einige Merksätze: Wer sich selbst nicht führen kann, kann andere nicht führen. Wer nicht für sich selbst sorgen kann, kann auch nicht für andere sorgen. Und ist auch noch ein schlechtes Vorbild. „Also seien Sie ein gutes“, so Prof. Nagys Appell an die Kongressteilnehmer.

Katrin Schöpf und Dr. Michael Bestler zum Thema: Selbstfürsorge im organisationalen Umfeld

Sicherheit und Gesundheitsschutz für Beschäftigte in ihrem Arbeitsumfeld umreißen den juristischen Aspekt der Selbstfürsorge. „Hier haben Arbeitgeber eine ganz besondere Verantwortung, gilt es doch, von Gefahren freie Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen. Insbesondere auf Arbeitsabläufe und Arbeitszeit sowie deren Zusammenwirken ist zu achten“, sind sich Dr. Michael Bestler und Katrin Schöpf sicher. Desgleichen gelte es, auf psychische Belastungen bei der Arbeit zu achten. Dabei stelle sich die Frage, ob sich die Förderung der Selbstfürsorge durch die Organisation ökonomisch rentiere? Zahlreiche anglo-amerikanische Studien belegen, dass die Antwort eindeutig JA lautet.

Zu beachten sei, dass unterschiedliche Perspektiven auf Selbstfürsorge in der Organisation Konflikte mit sich bringen können. Angebote seitens des Unternehmens können die Beschäftigten über verschiedene Wege erreichen, so zum Beispiel über die Managementlinie oder auch aus einem dafür zuständigen Bereich wie Gesundheitsfürsorge. Die verantwortlichen Führungsebenen werden jeweils durch Experten unterstützt. Die Nutzung des vielfältigen Materials obliegt den Führungskräften wie auch den Mitarbeitenden. Workshops, das Bereitstellen von Informationen und das Erstellen von „fürsorglichen“ Regelungen runden das Angebot ab. Dazu gehöre, Überstunden zu begrenzen, keine Mails nach Feierabend zu versenden und ein wertschätzender Umgang im beruflichen Miteinander.

„Cafeteria-System“: Sechs verschiedene Workshops im Angebot

Nach den Vorträgen ging‘s in die Workshops mit den folgenden Schwerpunkten:
• Coaching-Tools im Führungsalltag: mit Michael Ehrmann, Leiter Business Development, Deutsche Telekom, Individual Solutions & Products GmbH.
• Wertecoaching und Selbstfürsorge war das Thema bei Prof. Dr. Annette Noller von der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg.
• Den Titel Führung 4.0 trug der Workshop mit Floriane Kappler, Stellvertretende Bereichsleiterin Bildung Baden-Württembergischer Genossenschaftsverband e.V.
• „Logische Ebenen“ waren das Thema bei Michael Basler, Bereichsleiter Training+Coaching Akademie Volksbank Bühl.
• Heidi Kupke ist geschäftsführende Gesellschafterin der CAI GmbH, sie befasste sich mit „Informationen über die Weiterbildungen“: Business-Coach, Gesundheitscoach, Online Coach und Digital Management.
• Den Workshop „Selbstfürsorge in den Organisationen – Möglichkeiten und Grenzen“ begleiteten Katrin Schöpf und Dr. Michael Bestler.

Wolfgang Dittmann unterstützt Fachkongress an der HdWM

Geschäftsführer der unternehmensnahen Hochschule ist der Hochschulmanager Wolfgang Dittmann, der auch Chef der gemeinnützigen Gesellschaft für interdisziplinäre Studien mbH (GIS) des Internationalen Bundes (IB) ist: „Wir unterstützen diesen Fachkongress, der das Thema Selbstfürsorge in der Digitalen Arbeitswelt in den Mittelpunkt stellt, sehr gerne. In die Zukunft weisende Modelle zur persönlichen Selbstfürsorge kennenzulernen, ist ein Gewinn für Studierende wie Professoren. Zur Selbstfürsorge zählt auch, dass der Mensch im Mittelpunkt allen wirtschaftlichen Handelns steht. Dazu tragen zeitgemäße Arbeitszeitregelungen bei, die eine moderne Work-Life-Balance beinhaltet und zulässt. Auch die Anerkennung von Leistungen der Mitarbeiter und ein wertschätzender Umgang im betrieblichen Miteinander sind dabei wichtig, ebenso wie ein Mitarbeiter-Dialog, der auf Respekt und Augenhöhe basiert. Dass zahlreiche Master-Studierende der HdWM an der Veranstaltung teilnahmen, freut mich ganz besonders, denn schließlich fördern die zu erwartenden Erkenntnisse aus den Workshops das künftige Führungsverhalten auf positive Weise. Inklusive eines ausgewogenen Verhältnisses was die individuelle Selbstfürsorge betrifft“. Einen Höhepunkt gab es zum Abschluss der Veranstaltung, wobei diverse Zertifikate an Absolventen der Lehrgänge „Business-Coach“, „Gesundheitscoach“ und „Online-Coach“ überreicht wurden.
Auf dem Foto: (v.li.): Dr. Michael Bestler, Prof. Dr. Elke Berninger-Schäfer, Prof. Dr. Michael Nagy, Katrin Schöpf, Heidi Kupke, Thomas Berg, Prof. Dr. Annette Noller, Michael Ehrmann, Floriane Kappler, Michael Basler. Foto: Franz Motzko
Text: Franz Motzko