FT: Kommentar: Flensburger Tageblatt zum Wirtschaftsforum in Davos

Na also, es läuft doch wieder. Mit geschwellter
Brust stolzieren Wirtschaftslenker und Politiker durch das Schweizer
Davos. Der Weltwirtschaftsgipfel findet nicht mehr im Jammertal
statt. Trotz vereinzelter Warnungen vor Inflation und den
Schuldenständen einiger Euro-Länder sind die Teilnehmer bemüht,
Optimismus zu verbreiten. Äußerst spendabel gehen die Akteure auch
mit ihren Ideen und Vorschlägen um. Da wird wieder einmal die Rede
von den Lehren aus der Krise geführt, von Leitplanken, die man im
Finanzsystem weltweit nun einzuziehen bereit sei.

In Erinnerung wird auch das glühende Plädoyer des französischen
Ministerpräsidenten für den Euro bleiben. Die europäische
Wertegemeinschaft freut es. Auch seine Forderung nach einem Umbau
des Weltwirtschaftssystems hat viel Beifall gefunden. Doch nichts,
rein gar nichts von all den Visionen, Ideen und Plänen wird Eingang
ins wirkliche Leben finden. Die nächsten Gipfel der G8 und G20 werden
weder ein einheitliches Regelwerk für die Finanzmärkte auf den Weg
bringen noch wird Sarkozy den überbordenden Spekulationen mit
Lebensmitteln und den damit herauf beschworenen Inflationsgefahren
Einhalt gebieten können.

Der Gipfel in Davos gleicht einem Abendessen auf Thomas Manns
Zauberberg. In der Abgeschiedenheit des Gebirges vermag man sich
geistig zu Höhenflügen begeben, doch nimmt man davon nichts mit
hinunter ins Tal, wo schon die „Sachzwänge“ warten und die
Lobbyisten. Und so wurde schon viel gefordert und gefeiert in Davos,
von einer Rückkehr zum Staatsmonopolkapitalismus bis hin zu den
unbesiegbar scheinenden Internetunternehmen. Keine Prophezeiung
erfüllte sich, keine Forderung wurde erfüllt. Das zeigt sich am
deutlichsten bei der Kontrolle der Finanzmärkte. Das nicht
vorhergesehene Marktversagen hat nicht etwa dazu beigetragen, die
selbst ernannten „Masters of the Universe“ in die Pflicht zu nehmen.
Wer Visionen habe, solle einen Arzt aufsuchen, beschied einst der
ehemalige Bundeskanzler Schmidt. Doch das macht natürlich weniger
Wind als dem Ruf der Berge zu folgen.

Autor: Stefan Wolff

Pressekontakt:
Flensburger Tageblatt
Till H. Lorenz
Telefon: 0461 808-1060
til@shz.de