Kapitalmarktorientierte Firmen in der EU müssen seit dem 1. Januar 2022 ihre Finanz- und Geschäftsberichte vollständig nach neuen, standardisierten Richtlinien abfassen. Dahinter steckt das European Single Electronic Format (ESEF). Sinngemäß auf Deutsch: Einheitliches europäisches elektronisches Berichtsformat. Doch was ist ESEF genau und welche Unternehmen sind davon betroffen? Diesen und weiteren Fragen rund um das Thema ESEF widmet sich folgender Beitrag und liefert entsprechende Antworten.
Was bedeutet ESEF?
ESEF ist ein elektronisches Berichtsformat, das in der gesamten Europäischen Union für bestimmte Firmen gilt. Die ESEF-Abkürzung steht für die englische Bezeichnung „European Single Electronic Format“, womit zum Ausdruck gebracht wird, dass es sich um ein europäisches Einheitsformat handelt, das in elektronischer, also in digitaler Form zu erstellen ist. Davon betroffen sind Unternehmen im EU-Raum, die beispielsweise börsenquotiert sind oder allgemeiner ausgedrückt sich am Kapitalmarkt orientieren und finanzieren.
ESEF ist als Teil der Umsetzungsmaßnahmen im Rahmen der EU-Transparenzrichtlinie zu sehen. Diese wurde erstmals im Jahr 2001 als Directive 2001/34/EC herausgegeben und bereits drei Jahre später als Transparency Dirctive 2004/109/EC revidiert. Am 22. Oktober 2013 hat die Europäische Union das Richtliniengefüge weiter ergänzt mit der Transparency Directive Amending Directive 2013/50/EU. Die darin festgehaltenen Bestimmungen sollen der Regulierung der europäischen Finanzmärkte dienen. Doch genau genommen betrifft es natürlich nur die EU-Finanzmärkte und deren Teilnehmer.
Auf dieser Basis entwickelte die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) während mehrerer Jahre sogenannte technische Regulierungsstandards (Regulatory Technical Standard, kurz: RTS). Der definitive Entwurf davon veröffentlichte die ESMA schließlich am 18. Dezember 2017. Dieser neue Standard bildet somit die unmittelbare Grundlage für das zu implementierende Berichtsformat ESEF, das schrittweise ab dem 1. Januar 2020 eingeführt wurde. Das heißt, alle von der Transparenzrichtlinie betroffenen Firmen müssen seit Beginn des Geschäftsjahres 2020 diesen Standard für ihre Berichterstattung anwenden.
Doch es gab eine zweijährige Übergangsfrist, in welcher zunächst bloß die wichtigsten aber noch nicht alle Parameter eines Finanz- und Geschäftsberichts im neuen Format veröffentlicht werden mussten. Auf diese Weise hatten die Firmen etwas mehr Zeit, die herausfordernden und in der Umsetzung aufwändigen Vorgaben der EU anzuwenden. Erst ab Beginn des Jahres 2022 sind sämtliche Vorgaben des ESEF-Formats für den gesamten Konzernabschluss gemäß den International Financial Reporting Standards (IFRS) umzusetzen.
Welchen Zwecken dient ESEF?
Mit der Einführung des ESEF-Formats werden nicht nur in der Europäischen Union, sondern im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) mehrere Ziele verfolgt, die sich jedoch alle unter dem Oberbegriff Transparenz subsummieren lassen. Konkret geht es hierbei um folgende vier Punkte hinsichtlich der neuen Unternehmensberichterstattung:
– digitale Offenlegung der Daten
– einfachere Zugänglichkeit der Berichte
– effizientere Analyse der Geschäftsdaten
– bessere Vergleichbarkeit der Berichte
Davon betroffen sind alle Unternehmen, deren Wertpapiere irgendwo in Deutschland an einem organisierten Markt, zum Beispiel an einer Börse, zugelassen sind und somit gehandelt werden dürfen. Diese Firmen gelten als Inlandsemittenten im Sinn des bundesdeutschen Gesetzes über den Wertpapierhandel. Kurz auch nur Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) genannt.
Für die Emittenten bedeutet das Ganze eine umfangreiche Änderung und einen erheblichen Ausbau verschiedener Abläufe, wenn es darum geht, ihre Finanz- und Geschäftsberichte zu erstellen und herauszugeben. Denn die bisherige Form meist uneinheitlicher und stark individuell abgefasster Jahresberichte ist durch die EU-Direktive fortan nicht mehr erlaubt. Im Rahmen des ESEF hat die neu vereinheitlichte Art der Berichterstattung digital und nicht etwa nur in gedruckter Form zu erfolgen. Es besteht dabei die Verpflichtung für die Emittenten, folgende vier Berichtsbestandteile gemäß IFRS zu veröffentlichen:
– Bilanz
– Gesamtergebnisrechnung
– Eigenkapitalveränderungsrechnung
– Kapitalflussrechnung
Zusätzlich sind aber auch die Grundangaben zum Unternehmen selbst sowie zahlreiche weitere Parameter im Rahmen dieser Berichterstattung im EFES-Format zu veröffentlichen.
Die regulierenden Instanzen erhoffen sich dadurch auf den Märkten der EU und des EWR erhöhte Transparenz. Denn nun können die EFES-normierten Geschäftsberichte unabhängig von Sprache, Struktur oder Format von allen Behörden, Anlegern oder Emittenten einfacher und vor allem viel rascher gelesen aber auch wesentlich gründlicher miteinander verglichen werden. Denn die digitalisierte Herausgabe der Berichte ermöglicht ein maschinelles Auslesen, wodurch sich Analysen und Vergleiche in Windeseile bewerkstelligen lassen. In dem Bereich sind durch die Nutzung der künstlichen Intelligenz die Zeiten langwieriger und komplizierter Marktanalysen vorbei.
Sprachen der Digitalisierung: XML, XBRL, Ixbrl
Das ESEF-Reporting ist letztlich ein bedeutender Digitalisierungsschritt. Entsprechend ist die Sprache, in der diese Geschäftsberichte erfasst und publiziert werden müssen eine digitale. Aber die Berichte sollen nicht nur von Maschinen, sondern auch von Menschen ohne Probleme gelesen werden können. Entsprechend war es daher nötig, das richtige Sprachformat, das heiß eine dafür geeignete Technologie zu finden. Gewählt wurden schließlich die iXBRL- und die XHTML-Technologie. Beide basieren auf XBRL, welche wiederum auf XML beruht. Doch was bedeuten all diese Abkürzen und worin liegen die Unterschiede?
– XML ist ein Datenformat, das als eXtensible Markup Language bezeichnet wird. Es wurde entwickelt, da das HTML-Format (Hypertext Markup Language) für die Aufbereitung gewisser Daten viel zu eng und zu wenig flexibel ist. Mit der XML-Sprache gelang eine wesentlich flexiblere Standardisierung von Daten.
– XBRL steht für Extensible Business Reporting Language. Diese Sprache basierte wie erwähnt auf XML. Sie dient, wie der Begriff Business bereits nahe legt, der Aufbereitung von Geschäfts- respektive Finanzdaten. Entsprechend kam das XBRL-Format bei der Finanzberichterstattung zur Anwendung
– iXBRL ist eine Fortentwicklung von XBRL. iXBRL steht für Inline eXtensible Business Reporting Language. Dabei handelt es sich um ein textbasiertes Datenformat oder Datensprache, die ähnlich wie HTML-Dokumente formatiert werden und sowohl maschinell wie von Menschen lesbar sind.
– XHTML bedeutet Extensible HyperText Markup Language. Wiederum auf HTML basierend, ist es ein Format, das zur Strukturierung und semantischen Auszeichnung verschiedener Inhalte von Texten bis zu Bildern dient.
Software-Lösungen für ESEF
Natürlich sind die Software-Entwickler bei ESEF nicht weit, wenn es um ein geeignetes Softwareprodukt geht. Die Unternehmen haben entweder die Möglichkeit, eine hauseigene Berichterstattung konform nach den neuen Normen aufzubauen oder die Dienstleitung durch externe Anbieter einzukaufen. Von LucaNet gibt es für das ESEF-Reporting die nötige Unterstützung. Sie ermöglicht ein effizientes Erstellen der Abschlussberichte im Rahmen der auferlegten ESEF-Normen. Durch die digitalisierte Aufbereitung ziehen die Unternehmen zudem auch einen großen Nutzen für sich selber, da sie rascher als vielleicht je zuvor an ihre eigenen Finanzdaten und deren Analysen gelangen können.