In der gestrigen öffentlichen Anhörung zum Entwurf
eines neuen Kulturgutschutzgesetzes forderten erstaunlich viele der
14 eingeladenen Sachverständigen Nachbesserungen des
Regierungsentwurfs. Juristisch fundierte Experten wiesen darauf hin,
dass anders als in Großbritannien, Frankreich, den Niederlanden und
Belgien, das deutsche Kulturgutschutzrecht keine Regelung enthält,
die durch einen Ankauf von identitätsstiftenden Kulturgütern das
Gemeinwohl stärkt. So wurde die vom Aktionsbündnis Kulturgutschutz
seit langem geforderte Möglichkeit eines Ankaufsrechts nach
britischem Vorbild zu einem schwergewichtigen Thema der Anhörung. Nur
durch eine Ankaufsmöglichkeit kann ein gerechter Ausgleich zu der
vorgesehenen Verschärfung des Abwanderungsschutzes hergestellt
werden. Und nur der daraus entstehende Gemeinwohlgewinn kann den
Streit um das umstrittene Kulturgutschutzgesetz befrieden.
Die Ausführungen der 14 eingeladenen Experten brachten eine
weitere Schwäche des Gesetzentwurfs ans Tageslicht: Trotz der
zahlreicheren bisher durchgeführten Korrekturen enthält der Entwurf
immer noch unklare Definitionen. Die Begriffe „Sachgesamtheit“ und
„national wertvolles Kulturgut“ müssen präzisiert werden. Auch
unterscheidet das Gesetz nicht zwischen „Ursprungsland“ und
„Herkunftsstaat“. Die Sachverständige Dr. Hansen, stellvertretende
Direktorin der Kunsthalle Bremen, warnte vor den Folgen des Gesetzes:
Das bürgerliche Engagement darf durch das Gesetz nicht erstickt und
das Vertrauen der privaten Sammler und Leihgeber nicht gefährdet
werden. Vielfach wurden Fragen gestellt zu den komplizierten
Einfuhrbestimmungen und den immensen Sorgfaltspflichten. Sollte das
Gesetz unverändert in Kraft treten, würde die rückwirkende
Einfuhrregelung dem ehrlichen Händler schaden, während es der
unehrliche Händler nutzen kann, um illegal eingeführte Kulturgüter
nachträglich „rein zu waschen“ (§ 29 u.a.).
Die befragten Kunstsachverständigen beklagten zudem die im Entwurf
vorgesehene 30 jährige Aufbewahrungspflicht und die Vertreter der
privaten Sammler erläuterten, dass die rückwirkende Nachweispflicht
für beispielsweise im Ausland erworbene Münzen unerfüllbar und damit
völlig unrealistisch ist.
Erstaunlicherweise spielte die Kostenfrage keine Rolle: Keiner der
Abgeordneten wollte von den eingeladenen Experten genaueres über die
vom Gesetzgeber veranschlagten Kosten erfahren. Schließlich zieht der
Erfüllungsaufwand der vorgesehenen Kontroll- und Prüfverfahren bei
den Ländern immense Verwaltungskosten nach sich. Der Handel schätzt
ein Aufkommen von bis zu 100.000 Ausfuhrgenehmigungsanträgen
jährlich. Daraus folgt eine Belastung der 16 Länder in Höhe von 30
bis 40 Millionen Euro pro Jahr. Dieses Geld für den Ankauf von
national wertvollem Kulturgut zu verwenden, statt es für
Verwaltungskosten auszugeben, wäre weitaus sinnvoller.
gez.: Aktionsgemeinschaft Privates Denkmaleigentum,
stellvertretend für Aktionsbündnis.
Pressekontakt:
Hubertus von Dallwitz
AKTIONSBÜNDNIS KULTURGUTSCHUTZ
www.kulturgutschutz.info
Claire-Waldoff-Str. 7
10117 BERLIN
030/318072-05
kulturgut@t-online.de