EuGH: Generalanwalt kritisiert erneut deutlich die deutsche Glücksspielregulierung / Deutscher Lottoverband fordert konsequente und kohärente Neuausrichtung

Die deutsche Glücksspielgesetzgebung gerät immer
mehr unter Druck. In Luxemburg hat heute der Generalanwalt vor dem
Europäischen Gerichtshof (EuGH) seine Schlussanträge in einem
weiteren deutschen Verfahren vorgelegt (Rechtssache Ince, C-336/14).

Die Aussagen des Generalanwalts sind eine Ohrfeige für die
deutsche Rechtsprechung zum alten Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV),
der bis 2012 galt. Der EuGH hatte 2010 entschieden, dass die
Glücksspielpolitik der Bundesländer eklatant widersprüchlich sei und
den Staatsvertrag gekippt. Die Bundesländer hätten mit ihrem
Glücksspielmonopol fiskalische Interessen verfolgt. Dann aber könnten
sie nicht private Glücksspielangebote verbieten mit der Begründung,
dass hiermit die Spielleidenschaft der Bevölkerung eingedämmt werden
soll. Trotzdem verboten deutsche Behörde und Gerichte in vielen
Fällen private Glücksspielangebote. Die Rechtsprechung bis hin zum
Bundesverwaltungsgericht hielt den privaten Anbietern vor, dass sie
keine behördliche Genehmigung hätten – eine Genehmigung, die im
Staatsvertrag gar nicht vorgesehen war und die kein einziger Anbieter
erhalten hat. Der Generalanwalt spricht insofern von einer „Fiktion
eines Erlaubnisverfahrens“: Es sei zynisch, von einem
Wirtschaftsteilnehmer zu verlangen, dass er sich einem Verfahren
unterzieht, das von vornherein zum Scheitern verurteilt ist.

Sprengstoff für die Glücksspielregulierung der Bundesländer sind
zudem die heutigen Aussagen des Generalanwalts zur Notifizierung von
staatlichen Vorschriften für das Internet. Wenn diese Vorschriften
nicht bei der Europäischen Kommission notifiziert werden, dürften sie
von deutschen Gerichten nicht angewandt werden. Die deutschen
Bundesländer hatten im Jahr 2012 den Glücksspielstaatsvertrag
verlängert, ohne dies zu notifizieren. Das war, so der Generalanwalt,
rechtswidrig. „Wir brauchen endlich Rechtssicherheit und eine
kohärente Glücksspielregulierung in Deutschland“, so Norman Faber,
Präsident des Deutschen Lottoverbandes (DLV).

Bereits in der mündlichen Anhörung hatten Kommissionsvertreter
deutlich die „Misere des deutschen Glücksspielrechts“ beklagt und
Reformen gefordert. Die wichtigste Hausaufgabe der Länder, die
Vergabe von Lizenzen für die Veranstaltung von Sportwetten, ist auf
Basis des aktuellen GlüStV unlösbar geworden. Denn bereits in der
vergangenen Woche hatte der Hessische Verwaltungsgerichtshof das
deutsche Sportwetten-Konzessionsverfahren gestoppt, weil es gegen
Verfassungs- und Europarecht verstößt. Aber gerade hierfür drängt die
EU-Kommission auf eine europarechtskonforme Lösung und hat ein
EU-Pilotverfahren gegen Deutschland eingeleitet, das in einem
Vertragsverletzungsverfahren münden könnte. Der Generalanwalt betonte
heute noch einmal die strengen unionsrechtlichen Anforderungen, die
bei der Erteilung nationaler Glücksspiellizenzen gelten.

Der Deutsche Lottoverband setzt sich als Vertretung der
unabhängigen Lotterievermittler in Deutschland für eine umfassend
neue Lotterie-Regulierung ein. Infolge des GlüStV sind dem deutschen
Lotto seit 2008 kumuliert rund 20 Milliarden Euro an Einnahmen
weggebrochen. Darunter leiden auch der Breitensport und die
zahlreichen sozialen Projekte, die aus den Lottoeinnahmen gefördert
werden. Parallel zum dramatischen Rückgang bei den Lotterien haben
sich die Umsätze spielsuchtgefährlicher Spielarten vervielfacht.

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Deutscher Lottoverband
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