„Gut gemeint, aber kein Fortschritt für
Bauunternehmen“, mit diesen Worten bewertete der Hauptgeschäftsführer
des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, RA Michael Knipper,
heute in Berlin die derzeit diskutierte Neufassung der europäischen
Richtlinie gegen Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr. Sein
Hauptkritikpunkt: „Jede Bank wäre längst pleite, wenn sie ihren
Gläubigern monatelang einen kostenlosen Kredit einräumen müsste; der
europäische Gesetzgeber darf das auch Bauunternehmen nicht zumuten!“
Die bestehende europäische Richtlinie 2000/35/EG verpflichtet
öffentliche Stellen und Unternehmen seit dem Jahr 2000, Rechnungen
zum vereinbarten Zeitpunkt zu bezahlen, spätestens aber 30
Kalendertage nach Rechnungserhalt bzw. Leistungserbringung oder
Abnahme. Wird die Zahlungsfrist überschritten, ist ein Verzugszins
von mindestens sieben Prozent über dem Basiszinssatz der Europäischen
Zentralbank fällig. „Leider wird dies von der öffentlichen Hand bis
heute kaum berücksichtigt“, so Knipper. Eine Neufassung mache jedoch
nur dann Sinn, wenn sie zu klaren Verbesserungen führe. Vor diesem
Hintergrund seien die Änderungsvorschläge, neben einer Zahlungsfrist
von 30 – ausnahmsweise bis zu 60 – Kalendertagen sowie einer
Ausweitung der Abnahmefrist von weiteren 30 Kalendertagen, kritisch
zu sehen.
Bislang gelte für die öffentliche Hand in Deutschland eine
Abnahmefrist von grundsätzlich 12 Werktagen. Diese Frist mehr als zu
verdoppeln, wäre für deutsche Bauunternehmen alles andere als ein
Fortschritt. Ganz im Gegenteil – damit müssten Bauunternehmen
mindestens 90 Kalendertage auf ihre Bezahlung warten und
Auftraggebern ein kostenloses Darlehen einräumen. „Dies ist
wirtschaftlich untragbar und meilenweit entfernt vom
Konjunkturprogramm der Europäischen Union, das eine Bezahlung
innerhalb von 30 Kalendertagen durch die öffentliche Hand
verspricht“, so Knipper. Weit verfehlt würde auch die Zusage des
Koalitionsvertrags der Bundesregierung, das Zahlungsverhalten der
öffentlichen Hand deutlich zu verbessern.
Noch extremer seien die Vorschläge zu Gunsten von „Unternehmen“
der öffentlichen Hand. Sie dürften sich künftig 30 Kalendertage mit
der Abnahme Zeit lassen und zusätzlich die anschließende
Zahlungsfrist einseitig auf 60 Kalendertage festsetzen bzw. eine noch
längere Zahlungsfrist mit dem jeweiligen Bauunternehmen
„vereinbaren“.
Bis Herbst 2010 wollen EU-Parlament, Ministerrat und Kommission
einen Konsens zur Neufassung der Richtlinie 2000/35/EG finden.
Erwogen wird dazu eine Abnahmefrist noch über 30 Kalendertage hinaus.
Im Vordergrund sieht Knipper damit das Interesse der öffentlichen
Hand, sich Liquiditätsvorteile auf Kosten der Wirtschaft durch
möglichst lange Abnahme- und Zahlungsfristen zu verschaffen. „Statt
politischer Kompromisse zu Lasten Dritter wäre es dann wohl besser,
die bestehende Richtlinie in ihrer gegenwärtigen Fassung
beizubehalten und durchzusetzen“.
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