EU-Kommission prüft WestLB / Bad Bank-Umstrukturierung noch genauer

Die Europäische Kommission hat ihre
laufende Untersuchung in der Beihilfesache Westdeutsche Landesbank
(WestLB) ausgeweitet. Sie ist zu dem Schluss gekommen, dass die Bank
schätzungsweise 3,4 Milliarden Euro mehr an staatlichem Geld erhalten
hat, als dies im Rahmen der Auslagerung der wertgeminderten Aktiva in
eine Bad Bank vorgesehen war. Die Beihilfe, die zu der von der WestLB
seit der Finanzkrise bereits erhaltenen Unterstützung hinzukommt,
kann von der Kommission erst genehmigt werden, wenn zusätzliche
Umstrukturierungsmaßnahmen zum Ausgleich der Wettbewerbsverzerrungen
oder stattdessen eine schrittweise Rückzahlung vorgesehen wird. Die
Kommission zweifelt zudem weiterhin an der Rentabilität der Bank.

„Nach unseren Schätzungen hat die WestLB bei der Auslagerung ihrer
toxischen und sonstigen wertgeminderten Aktiva in die Bad Bank
zusätzlich 3,4 Milliarden Euro – und damit insgesamt 6,95 Milliarden
Euro – erhalten. Nach dem jetzigen Stand muss die Bundesregierung zum
Ausgleich der dadurch zu erwartenden Wettbewerbsverzerrungen entweder
weitere Umstrukturierungsmaßnahmen anmelden oder eine schrittweise
Rückzahlung der Beihilfen vorsehen. Unsere Bewertung der Rentabilität
der Bank hängt deshalb davon ab, für welche Option sich Deutschland
entscheidet“, sagte der für Wettbewerbspolitik zuständige
Vizepräsident der Kommission Joaquín Almunia.

Die WestLB ist hauptsächlich Landesbank und Dienstleisterin für
Deutschlands größtes regionales Bankennetz, die
nordrheinwestfälischen Sparkassen. Außerdem ist sie als Geschäftsbank
und im Investmentbanking tätig. Nachdem die WestLB mit ihrem
umfassenden Portfolio aus strukturierten Wertpapieren massive
Verluste gemacht hatte, erhielt sie umfangreiche staatliche
Unterstützung in Form mehrerer Risikoschirme.

Im Mai 2009 genehmigte die Kommission die bis dahin gewährte
Unterstützung unter der Bedingung, dass die Bank eine
Umstrukturierung vornimmt, die u. a. vorsieht, dass die Bank sich
wieder auf das weniger risikobehaftete Kerngeschäft konzentriert und
eine Mehrheitsbeteiligung der Bank veräußert. Damit sollte
sichergestellt werden, dass die Bank ihren Eigenanteil an der
Umstrukturierung übernimmt und Vorkehrungen gegen beihilfebedingte
Wettbewerbsverzerrungen trifft.

Als Teil des Umstrukturierungsplans errichtete Deutschland
daraufhin eine Bad Bank, die Erste Abwicklungsanstalt (EAA), in die
die WestLB toxische und nichtstrategische Aktiva auslagerte, die rund
30 % der gesamten WestLB-Aktiva ausmachten und schrittweise
liquidiert werden sollen. Da für die Bad Bank Verluste antizipiert
wurden, erhielt diese vom Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung
(SoFFin) eine Kapitalausstattung von 3 Mrd. EUR. Diese Beihilfe war
im ursprünglichen Umstrukturierungsplan nicht vorgesehen. Da
Deutschland aber Finanzstabilitätsgründe geltend machte, wurde die
Transaktion einstweilig genehmigt.

Die Kommission hatte auch Zweifel, ob die Entlastungsmaßnahmen mit
der Mitteilung der Kommission über die Behandlung wertgeminderter
Aktiva im Einklang standen. Zweifel bestanden außerdem hinsichtlich
der Rentabilität der Bank und – angesichts der zusätzlichen Beihilfen
– der Frage, ob die WestLB einen angemessenen Eigenanteil an den
Rettungsmaßnahmen trug und Maßnahmen gegen zusätzliche
Wettbewerbsverzerrungen getroffen worden waren. Infolgedessen wurde
ein neues Prüfverfahren nach Artikel 108 Absatz 2 des Vertrags über
die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) eingeleitet.

Nach dem heutigen Beschluss wurden toxische und nichtstrategische
Aktiva zu einem Wert übertragen, der weit über ihrem tatsächlichen
wirtschaftlichen Wert (TWW) lag und schätzungsweise einem Vorteil von
insgesamt 6,95 Mrd. EUR gleichkommt. Zu dieser abschließenden
Bewertung kam die Kommission im September 2010, und zwar, wie in der
Mitteilung über wertgeminderte Aktiva vorgesehen, unter Einbeziehung
von Sachverständigen.

Von diesem Betrag sind 3,276 Mrd. EUR Eigenkapital, für das der
SoFFin ein Entgelt erhalten soll. Bei weiteren 268 Mio. EUR handelt
es sich um übertragene implizite Verbindlichkeiten, die kaum zum
Tragen kommen dürften. Es verbleiben somit 3,414 Mrd. EUR an
zusätzlicher staatlicher Unterstützung, für die die WestLB kein
Entgelt zahlt, die den Wettbewerb zusätzlich verfälschen und eine
unzumutbare Belastung für den Steuerzahler darstellen.

Dies ist grundsätzlich nicht zulässig. Die Kommission ist deshalb
nach dem derzeitigen Stand überzeugt, dass die zusätzlichen Beihilfen
nicht mit der Mitteilung über wertgeminderte Aktiva im Einklang
stehen, es sei denn, die WestLB bietet zusätzliche
Umstrukturierungsmaßnahmen an oder zahlt die fragliche Summe
letztlich zurück. Aus diesem Grund wurde die im Dezember 2009
eingeleitete Untersuchung ausgeweitet.

Die Kommission hat zudem wachsende Zweifel an der Rentabilität der
Bank. Die berichtigten Gewinn- und Verlustprognosen der Bank zeigen,
dass das Geschäftsmodell nach wie vor auf vergleichsweise
risikoreichen, volatilen Aktivitäten basiert und nicht den nötigen
Spielraum für so unsichere Geschäfte bietet. Die Kommission vermisst
derzeit außerdem hinreichende Maßnahmen für eine angemessene
Lastenverteilung und den Ausgleich der zusätzlichen
Wettbewerbsverzerrungen.

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