Mercedes C-Klasse 250 d überschreitet bei unter
sechs Grad Celsius den Stickoxidgrenzwert auf der Straße um das bis
zu 13-fache – Deutsche Umwelthilfe fordert von Bundesverkehrsminister
Schmidt den Entzug der Betriebserlaubnis und Anordnung eines
amtlichen Rückrufs – Im Winterhalbjahr schalten die meisten der neun
Millionen Euro 5 + 6 Diesel-Pkw die ordnungsgemäße Abgasreinigung ab
und fluten die Städte mit dem giftigen Dieselabgasgift NO2 –
Bundeskanzlerin Angela Merkel bricht Versprechen: Kommunen erhalten
derzeit keine Förderung aus dem Kommunalfonds für kurzfristig
wirksame Maßnahmen für „Saubere Luft“ in unseren Städten –
Bundesregierung verweigert Auskunft über die ihr vorliegenden
Informationen, bei welchen Temperaturen die Diesel-Hersteller ihre
Fahrzeuge mit behördlicher Billigung in NOx-Drecksschleudern
verwandeln
Sieben Jahre nach Inkrafttreten der Grenzwerte für das
Dieselabgasgift Stickstoffdioxid (NO2) überschreiten 90 deutsche
Städte immer noch zum Teil erheblich den NO2-Luftreinhaltegrenzwert
von 40 Mikrogramm/m3 im Jahresmittel. Insbesondere in den
Wintermonaten verschärfen sich die gesundheitlichen Folgen
dramatisch. Im Vorfeld des nächsten Kanzler-Diesel-Gipfels am
28.11.2017 fordert die Deutsche Umwelthilfe (DUH) Angela Merkel auf,
die vor der Wahl zugesagte eine Milliarde Euro aus dem
„Kommunalfonds“ für „Saubere Luft“ den unter Dieselabgasen leidenden
Städten für sofort wirksame Maßnahmen freizugeben. In einer ersten
Zwischenbilanz der beim Diesel-Gipfel im August 2017 von den
Autokonzernen und der Bundesregierung angekündigten Maßnahmen sieht
die DUH gerade in den Wintermonaten keine Verbesserung der massiven
Luftbelastung mit NO2.
Unter den deutschen Kommunen hat sich ein erheblicher Unmut
angestaut, da sich der mit einer Milliarde Euro gefüllte
Kommunalfonds als bislang leeres Wahlversprechen herausgestellt hat.
Anstatt den Kommunen, wie zugesagt, noch in 2017 kurzfristig wirksame
Luftreinhaltemaßnahmen zu finanzieren, beschränkt sich die
tatsächliche Förderung auf wenige Millionen Euro für weitgehend
unwirksame „Masterpläne“. Notwendig sind neben den
Diesel-Fahrverboten ab Anfang 2018 für schmutzige Pkw und
Nutzfahrzeuge die technische Nachrüstung von Kommunalfahrzeugen sowie
insbesondere der ÖPNV-Busflotten.
Anfang November 2017 hat die DUH im Rahmen der ihres
Emissions-Kontroll-Instituts (EKI) Abgasmessungen im realen Betrieb
an einer Mercedes C-Klasse 250 d Euro 6 durchgeführt. Die Ergebnisse
zeigen klare Indizien für das Vorhandensein rechtswidriger
Abschalteinrichtungen. Die Straßenmessungen bei für Oktober bis März
typisch niedrigen Außentemperaturen ergeben Abgaswerte, die höher
sind als von Euro 1 Diesel-Pkw aus dem Jahr 1993.
Bei knapp 5 Grad Celsius Außentemperatur stößt der Mercedes C 250
d bei realen Straßenmessungen bis zu 1.028 mg/km NOx aus. Diese fast
13-fache Überschreitung des Grenzwerts ist umso erschreckender, da
das Fahrzeug mit einem SCR-Katalysator sowie einem
Dieselpartikelfilter ausgestattet ist. Oberhalb von 8 Grad Celsius
zeigen die Messungen NOx-Emissionen von im Durchschnitt unter 300
mg/km. Der zulässige Grenzwert für Euro 6 liegt bei 80 mg/km.
Vergleichende Detailanalysen der Funktionstüchtigkeit der
Abgasreinigung über die Zeit zeigen bei einer Veränderung der
Außentemperatur von nur drei Grad eine faktische Beendigung der
Abgasreinigung, obwohl der Harnstoffkatalysator eine mehr als
ausreichende Betriebstemperatur hatte.
Die DUH hat dem Bundesverkehrsministerium sowie dem
Kraftfahrt-Bundesamt ihre Messprotolle übersandt und den Entzug der
Typzulassung für diese Mercedes C-Klasse Euro 6 sowie einen amtlichen
Rückruf der ausgelieferten Fahrzeuge gefordert. Motorschutzgründe
könne Daimler, so die Meinung der DUH, gerade für dieses Fahrzeug
nicht geltend machen, da die Einspritzung von Harnstoff in den im
Abgasstrang hinter dem Motor angeordneten SCR-Katalysator
offensichtlich auch dann eingestellt wird, wenn die
Betriebstemperatur ausreichend hoch ist. Damit sieht die DUH hier das
Vorhandensein einer rechtswidrigen, nach der Außentemperatur
gesteuerten Abschalteinrichtung.
„Wir sind erschüttert, mit welcher Dreistigkeit Daimler die
ordnungsgemäße Diesel-Abgasreinigung selbst bei einer
Premium-Limousine mit einem Harnstoff-Katalysator bei
Außentemperaturen abschaltet, die bei uns über sechs Monate hinweg
üblich sind. Der Stuttgarter Autobauer entscheidet damit aktiv, die
Innenstädte gerade dann mit dem Dieselabgasgift NOx zu fluten, wenn
Frühgeborene, Kleinkinder, Alte und Atemwegserkrankte darunter
besonders leiden. Das Kraftfahrt-Bundesamt muss als zuständige
Behörde die Typzulassung für dieses C-Klasse Modell entziehen und für
die bereits ausgelieferten Fahrzeuge einen amtlichen Rückruf
anordnen“, fordert Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.
Da die eigentlich für die Überwachung der Automobilindustrie
zuständige Bundesbehörde dieser Aufgabe nicht nachkommt und erst
tätig wird, wenn Dritte sie auf rechtswidrige Abschalteinrichtungen
hinweisen, wird die DUH in den kommenden Monaten verstärkt die
Funktionsweise der bei Euro 5 und Euro 6 Diesel-Pkw installierten
Abschalteinrichtungen deutscher wie internationaler Fahrzeuge
dokumentieren und diese Ergebnisse dem Kraftfahrt-Bundesamt sowie den
Strafverfolgungsbehörden übergeben. Gleichzeitig droht die DUH der
Bundesregierung eine neue Klage an, wenn sie nicht umgehend die ihr
vorliegenden Informationen zu den temperaturbezogenen und sonstigen
Abschalteinrichtungen veröffentlicht. Trotz eindeutiger Rechtslage
wird den Kommunen, den Autobesitzern und der Öffentlichkeit die
Veröffentlichung dieser Umweltdaten mit der Begründung
„Betriebsgeheimnisse der Autohersteller“ verweigert.
„Je länger wir darauf warten müssen, dass die verantwortliche
Bundesregierung den Manipulationen bei der Abgasreinigung einen
Riegel vorschiebt, desto länger werden wir mit den giftigen Abgasen
zu kämpfen haben. Nach wie vor akzeptiert die Regierung Fahrzeuge wie
den von uns getesteten Mercedes C 250 d und verweigert damit auch den
Fahrzeughaltern ihre Rechte. Das vom Verkehrsminister erlaubte
–Thermofenster– ist ein Betrugsfenster“, so Axel Friedrich,
internationaler Verkehrsberater und Leiter der Abgasmessungen im EKI.
Bereits im August 2016 hatte die DUH einen Mercedes C 250 d der
Euronorm 6 mit Erstzulassung vom März 2016 gemessen. Bei sommerlichen
Temperaturen um die 20 Grad lagen die Durchschnittsemissionen bei 206
mg NOx/km.
Links:
Messbericht Mercedes C 250 d Euro 6: http://l.duh.de/p171123
„8-Punkte-Sofortprogramm für saubere Luft“:
http://l.duh.de/p171123
Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer
0171 3649170, resch@duh.de
Axel Friedrich, Internationaler Verkehrsexperte
0152 29483857, axel.friedrich.berlin@gmail.com
DUH-Pressestelle:
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