Digitalisierung der Gesundheitswirtschaft: Chancen nutzen, nicht verspielen / Roland-Berger-Studie sieht 10.000 neue Jobs und 15 Milliarden Euro digitale Umsätze in den kommenden zehn Jahren

Die Digitalisierung der Gesundheitswirtschaft
birgt enorme Chancen: Laut einer heute veröffentlichten Studie der
Unternehmensberatung Roland Berger wird die Medizintechnikbranche in
den kommenden Jahren ein großes Potenzial bei Umsätzen und
Arbeitsplätzen entfalten. Doch die Chancen wären noch größer, würde
die Politik jetzt geeignete Rahmenbedingungen schaffen. Die Studie,
die auf der MEDICA vorgestellt und vom Industrieverband SPECTARIS und
der Messe Düsseldorf in Auftrag gegeben wurde, basiert auf einer
Befragung von mehr als 200 Medizintechnikunternehmen sowie auf
zahlreichen weiteren Experteninterviews mit Versorgern, Start-ups,
Kassenvertretern und der Politik.

Laut Prognose werden die Medizintechnikunternehmen im Jahr 2028
alleine mit digitalen Produkten und Dienstleistungen einen Umsatz von
15 Milliarden Euro erzielen, aktuell sind es noch 3,3 Milliarden
Euro. „Das entspricht einem jährlichen Umsatzplus von 16 Prozent in
diesem Segment“, betont SPECTARIS-Geschäftsführer Jörg Mayer. „Sollte
es zu diesem Anstieg kommen, wird 2028 fast ein Drittel der Umsätze
durch digitale Produkte erwirtschaftet. Kein Zweifel: Hier liegt die
Zukunft, denn Medizinprodukte und Services ohne digitale Komponenten
dürften künftig eher die Ausnahme als die Regel sein.“

Digitalisierung verbessert Gesundheitsversorgung

Nicht nur bei den Produkten, auch in den Unternehmen selbst bietet
die Digitalisierung große Chancen. „Das größte Potenzial sehen wir
hier im Bereich Forschung und Entwicklung“, erklärt Thilo Kaltenbach,
Senior Partner von Roland Berger. „Denn dank innovativer Technologien
lassen sich die Entwicklungszeiten neuer Produkte erheblich
verkürzen. Dadurch steigt auch die Produktivität der Unternehmen.“
Trotz dieser Effizienzsteigerung erwarten die befragten Unternehmen
einen Netto-Zuwachs bei den Arbeitsplätzen, bis zu acht Prozent in
den nächsten fünf bis zehn Jahren. „In den kommenden Jahren könnten
somit über 10.000 zusätzliche Jobs entstehen“, bilanziert Jörg Mayer,
betont aber auch: „Es wird nicht leicht, diese Stellen auch zu
besetzen, denn der Mangel an qualifiziertem Personal gilt schon heute
als eines der größten Wachstumshemmnisse.“

Die Digitalisierung wird vor allem den Patienten zugutekommen,
etwa durch neue Diagnose- oder Therapiemöglichkeiten. Eine
Verbesserung der Versorgungsqualität in den kommenden fünf Jahren
erwartet knapp jeder Dritte, im Zeithorizont der nächsten zehn Jahre
sogar fast zwei Drittel der Befragten. „Profitieren können die
Patienten nicht nur durch den effizienteren Einsatz von Ärzten und
medizinischem Personal, sondern auch durch einen einfacheren Zugang
zu spezialisiertem Know-how, etwa indem bei komplizierten Operationen
Experten von benachbarten Unikliniken oder sogar aus dem Ausland
virtuell hinzugezogen werden können“, betont Horst Giesen, Global
Portfolio Director Health & Medical Technologies der Messe Düsseldorf
GmbH.

Digital Health kommt in Deutschland nur schleppend voran

Trotz positiver Auswirkungen verläuft die Digitalisierung im
deutschen Gesundheitswesen nur schleppend; führend sind andere
EU-Länder: „Dementsprechend wünschen sich satte 98 Prozent der
befragten Unternehmen mehr Unterstützung durch die Politik. Sie
brauchen klare politische Rahmenbedingungen“, sagt Studienautor
Kaltenbach. So attestieren die Befragten der Gesundheitswirtschaft
insgesamt einen eher geringen Digitalisierungs-Reifegrad. Ihre
eigenen Unternehmen sehen sie dagegen zumindest moderat
digitalisiert. Besonders die sektorale Trennung wird als Problem
empfunden. Die Schnittstellen zwischen stationärer, ambulanter und
anderer indikationsspezifischer Versorgung sind bislang kaum oder
unzureichend vernetzt.

„Die Investitionen in digitale Healthcare-Projekte werden meistens
nach dem Gießkannenprinzip verteilt“, bemängelt Kaltenbach weiter.
„Wir benötigen also einen klaren Fokus bei der Verteilung der
Investitionen, damit sie an den relevanten Stellen ankommen und eine
deutliche Verbesserung der Gesundheitsversorgung für die Bürger mit
sich bringen.“

Somit schließt die Studie mit zehn Handlungsempfehlungen für eine
wettbewerbsfähige digitale Gesundheitswirtschaft. Dazu gehören u.a.
eine nationale eHealth-Strategie, eine Priorisierung der
Digitalisierung in den Medizintechnikunternehmen sowie die
Entwicklung eines umfangreichen Infrastrukturprogramms, das
Breitbandinfrastruktur, IT-Sicherheit von medizinischen Einrichtungen
und die IT-Infrastruktur in Krankenhäusern und im ambulanten Bereich
unterstützt.

„Wenn Deutschland jetzt nicht handelt, droht langfristig ein
Verlust von Wettbewerbsfähigkeit, Marktanteilen und Arbeitsplätzen“,
sagt SPECTARIS-Geschäftsführer Mayer. „Die mangelnde Digitalisierung
dürfte spätestens langfristig auch in der Patientenversorgung zu
spürbaren negativen Konsequenzen führen; das Ganze wird noch
verstärkt durch den sich weiter verschärfenden Fachkräftemangel und
erhöhte regulatorische Anforderungen wie die neue
Medizinprodukteverordnung. Auch besteht die Gefahr, dass innovative
Medizinprodukte zuerst und vorwiegend im Ausland eingeführt werden.
Deutschland fiele damit in der Qualität der Versorgung zurück.“

Hinweis für die Redaktionen: Die Studie können Sie herunterladen
unter: www.spectaris.de/verband/aktuelles/pressemitteilungen/

Pressekontakt:
Benedikt Wolbeck
Leiter Kommunikation
SPECTARIS. Deutscher Industrieverband für optische,
medizinische und mechatronische Technologien e.V.
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