Deutschland könnte auf 100 Prozent Ökostrom umstellen Deutsche Umwelthilfe plädiert für Wasserkraftstrom aus Norwegen / „Report Mainz“, heute, 20.09.2010, 21.45 Uhr im Ersten

Deutschland könnte mit billigem Strom aus
norwegischen Wasserkraftwerken auf Kohle- und Atomenergie verzichten.
Das erläutert Peter Ahmels, Experte für erneuerbare Energien bei der
Deutschen Umwelthilfe (DUH) im ARD-Politikmagazin „Report Mainz“:
„Das Potenzial würde allemal reichen, um den erneuerbaren Strom in
Deutschland komplett zu ergänzen zu einer 100-prozentigen Versorgung
aus erneuerbaren Energien.“ Insgesamt könnten, laut Ahmels,
norwegische Wasserkraftwerke den Strom von 60 europäischen
Atomkraftwerken ersetzen.

Ein norwegisch-schweizerisches Konsortium will, unter dem
Projektnamen „NorGer“, die beiden Länder mit einem ersten Seekabel
verbinden. Das Kabel soll 2015 in Betrieb genommen werden. Die
Leistung von 1.400 Megawatt entspricht der des Kernkraftwerks
Unterweser. In Norwegen wird Strom derzeit mit 3 Cent pro
Kilowattstunde an der Börse gehandelt, in Deutschland mit 5 Cent.
Laut Peter Ahmels würden auch die Verbraucher in Deutschland von den
günstigeren Preisen profitieren.

Die Stromleitung soll 600 Kilometer durch die Nordsee verlegt
werden und könnte in beide Richtungen genutzt werden. So wäre es
möglich, überschüssigen Strom aus deutschen Windkraftanlagen nach
Norwegen zu leiten und dort mithilfe von Pumpspeicherkraftwerken zu
speichern. Bei Bedarf könnte der Strom wieder von der deutschen Seite
abgerufen werden.

Allerdings müsste laut NorGer die
Kraftwerksnetzanschlussverordnung (KraftNAV) geändert werden. Bislang
regelt die KraftNAV den Netzzugang von Kraftwerken. Die Einspeisung
von Strom aus einem Seekabel ist darin nicht geregelt. Zuständig
dafür ist das Bundeswirtschaftsministerium. Dort sieht man derzeit
nach Informationen von „Report Mainz“ „keinen Änderungsbedarf“.

NorGer-Sprecher Matthias Hochstätter sieht deshalb die
Realisierung gefährdet: „NorGer will 1,4 Milliarden Euro investieren
in dieses Kabel und dafür muss natürlich gewährleistet sein, dass das
auch sicher in Betrieb ist und nicht einfach willkürlich abgeschaltet
wird, wann immer der Netzbetreiber gerade Lust hat. Das geht nicht.
Sonst kann man so ein Kabel nicht ordentlich betreiben.“

Herrmann Albers, Präsident des Bundesverbandes Windenergie
kritisiert in „Report Mainz“ das Bundeswirtschaftsministerium: „Mir
drängt sich der Eindruck auf, dass es hier um eine Blockadehaltung
geht, denn natürlich würde die Lieferung von norwegischem Wasserstrom
dafür sorgen, dass Kraftwerke in Deutschland im Zweifelsfall
abgeschaltet werden müssten, insbesondere dann, wenn erneuerbare
Energien wirklich einen Vorrang hätten.“

Das Bundeswirtschaftsministerium wollte zu dem Thema „Report
Mainz“ gegenüber bislang keine Stellungnahme abgeben.

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