Deutsche Bahn AG setzt auf Prozessverschleppung beim Projekt Stuttgart 21

Pressemitteilung

Die Deutsche Bahn AG verzögert Gerichtsprozess, der Transparenz in
die Gesundheits- und Klimaschutzvorgaben beim Projekt Stuttgart 21
gebracht hätte – Nachdem sich das Verwaltungsgericht Stuttgart drei
Monate lang für zuständig erklärt hat, verweisen Verwaltungsrichter
den von der Deutschen Umwelthilfe angestrengten Prozess auf Antrag
der Deutschen Bahn plötzlich nach Berlin

Drei Monate lang war das Verwaltungsgericht Stuttgart zuständig
für eine Klage der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH) gegen die
Deutsche Bahn AG – und zieht nun plötzlich zurück. Die Stuttgarter
Richter nahmen damals die Klage an und setzten schon vor Wochen einen
Prozesstermin auf den 7. Oktober 2010 fest. Dann wollten die
Stuttgarter Verwaltungsrichter klären, ob die Deutsche Bahn AG nach
dem Umweltinformationsgesetz verpflichtet ist, umweltrelevante
Informationen zum Bauprojekt Stuttgart 21 zu veröffentlichen. Gestern
entschieden die Richter in Stuttgart jedoch plötzlich, dass nicht sie
zuständig seien, sondern das Verwaltungsgericht Berlin den Fall zu
klären habe, da die DB AG ihren Hauptsitz in Berlin habe. Sie folgen
damit den Argumenten der Deutschen Bahn AG, die in den vergangenen
Wochen juristisch genau diese Entscheidung herbeiführen wollte. „Die
Deutsche Bahn will weder Klarheit noch Aufklärung in die
umweltrelevanten Fragen bei Stuttgart 21 bringen, sondern einen
entscheidenden Prozess verschleppen und weiter ihre
Ausschreibungspraktiken für das Milliardenprojekt Stuttgart 21
verschleiern“, sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. „Die
Bahn AG hatte jetzt die Chance schnell eine Klärung im Sinne der
Stuttgarter Bürger herbeizuführen, setzt aber offensichtlich lieber
darauf, dass sie mit den Bauarbeiten fortfährt und Fakten in
Stuttgart schafft.“

Nach Ansicht der DUH ist die plötzlich festgestellte angebliche
Nichtzuständigkeit nicht nachvollziehbar. „Bei der Geltendmachung von
Informationsansprüchen ist darauf abzustellen, wo die Informationen
im Zusammenhang mit dem Großprojekt Stuttgart 21 zuständigkeitshalber
vorhanden sind, bearbeitet und aufbereitet werden“, sagte Resch. Dies
geschehe seitens der beklagten DB aber nachvollziehbarer Weise in
unmittelbarer Nähe zu dem Großprojekt in Stuttgart selbst.

Erstaunlich nannte Resch, dass die Stuttgarter Richter sich im
Sommer für zuständig erklärt hatten und nach den politisch relevanten
Protesten gegen das Bauprojekt Stuttgart 21 nun plötzlich den Fall
nach Berlin abschieben. Von Amts wegen sei ein Gericht stets am
Anfang verpflichtet, seine Zuständigkeit zu prüfen. Drei Monate lang
hat das Verwaltungsgericht Stuttgart sich für zuständig erachtet und
deshalb ja auch eine mündliche Verhandlung angesetzt. „Nachdem die
Deutsche Bahn interveniert hat, hält sich das Verwaltungsgericht
Stuttgart nun auf einmal für unzuständig und verweist an das
Verwaltungsgericht Berlin, so dass wieder Monate vergehen, bevor eine
Entscheidung fallen kann“, sagte Resch. Das Gesprächsangebot von
Bahn-Vorstandsvorsitzenden Grube an die Stuttgarter Bürger über das
Bauprojekt nannte Resch „eine Farce“. Wenn Grube tatsächlich an den
Belangen der Menschen in Stuttgart interessiert sei, hätte er jetzt
deutlich machen können, dass die Umwelt- und Gesundheitsauflagen für
Stuttgart 21 eingehalten werden.

Nach Recherchen der DUH verstößt die DB auf ihrer Großbaustelle im
Herzen Stuttgarts offenbar gegen Gesundheits- und Klimaschutzauflagen
zur Minimierung von Feinstaubemissionen. Die DUH hat daher eine
Offenlegung der Anforderungen hinsichtlich der Dieselrußemissionen
von Baufahrzeugen gefordert – was die Bahn ablehnt. Mit einem
Konvolut aus Sicht der DUH zur Sache aussageloser Unterlagen hat die
Deutsche Bahn AG bereits Anfang September versucht, dem
Gerichtstermin vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart zu entgehen. Die
Richter wollten sich am 7. Oktober 2010 mit der Frage beschäftigen,
ob die Deutsche Bahn AG gegenüber der DUH nach
Umweltinformationsgesetz (UIG) auskunftspflichtig ist.

Laut Planfeststellungsbeschluss für Stuttgart 21 ist die DB
verpflichtet, ausschließlich schadstoffarme Baufahrzeuge und
Maschinen nach dem „Stand der Technik“ auf den Baustellen zuzulassen.
Stand der Technik bedeutet gemäß einer offiziellen Definition der
Umweltfachbehörde der Bundesregierung, dem Umweltbundesamt (UBA) in
Dessau, dass alle Maschinen und Fahrzeuge mit Dieselmotor mit einem
Rußpartikelfilter ausgerüstet sein müssen. In den Ausschreibungen für
Auftragnehmer der DB AG macht der staatseigene Konzern dazu jedoch
offensichtlich keine oder nur unzureichende Vorgaben. Augenzeugen
haben mehrfach Fahrzeuge ohne Umweltplakette oder mit ungültigen
(roten) Umweltplaketten innerhalb der Umweltzone auf den Baustellen
für Stuttgart 21 gesehen. Zeugen berichten auch, dass alte
Baumaschinen mit hohen Dieselrußemissionen auf den Baustellen
innerhalb der Stadt zum Einsatz kommen.

Resch erinnerte daran, dass die Grenzwerte für besonders feinen
und damit extrem gesundheitsgefährlichen Feinstaub am Neckartor in
der Stuttgarter Innenstadt in diesem Jahr bereits mehr als 70 Mal
überschritten wurden. Die Feinstaubgrenzwerte an der Messstelle
Neckartor in direkter Nähe zur Baustelle Stuttgart 21 wurden 2009
insgesamt 112 Mal überschritten – so oft wie an keiner anderen
Messstelle in Deutschland.

Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin Tel.: 030 2400867-0, Mobil.: 0171
3649170, resch@duh.de

Ulrike Fokken Sprecherin Politik und Presse Deutsche Umwelthilfe
e.V., Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-86, Mobil:
0151 55017009, fokken@duh.de