Die Rechtsexperten des Instituts für
Weltanschauungsrechts (ifw) begrüßen das heutige Urteil des
Europäischen Gerichtshofes (EuGH), das die Kündigung eines Chefarztes
wegen „fehlender Loyalität“ zur katholischen Kirche als verbotene
Diskriminierung nach Art. 21 der Charta der Europäischen Union
gewertet hat. Ingrid Matthäus-Maier, ehemalige stellvertretende
Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Mitglied im ifw-Beirat und
Sprecherin der „Kampagne gegen religiöse Diskriminierung am
Arbeitsplatz“, bezeichnete das Urteil als „Anfang vom Ende des
kirchlichen Arbeitsrechts in Deutschland“.
Wörtlich sagte Matthäus-Maier: „Endlich hat der Spuk ein Ende! Die
Kirchen haben nie freiwillig auf ihre Privilegien verzichtet, sondern
nur, wenn die Gerichte sie dazu gezwungen haben. Die
Kirchenverantwortlichen haben nicht aus der Vergangenheit gelernt und
stets nur millimeterweise nachgegeben – nun müssen sie ein ganzes
Jahrhundert an Emanzipationsbewegung nachholen. Die Politik hat sich
seit Jahren davor gedrückt, die 1,2 Millionen Beschäftigen von
Diakonie und Caritas vor religiöser Diskriminierung zu schützen.
Stets hieß es in Berlin, dies müsse die Kirche selbst lösen, doch
dieses Argument hat spätestens durch das heutige Urteil seine
Gültigkeit verloren.“
Matthäus-Maier kritisierte in ihrer Stellungnahme, die sie im
Namen des Instituts für Weltanschauungsrecht abgab, dass sich die
Kirchen noch immer darauf berufen, dass für ihre Mitarbeiter
Sonderregeln gelten müssten. „Aber“, so Matthäus-Maier, „Ärzte sollen
heilen und nicht missionieren! Das hat die Kirche bis heute nicht
verstanden. Deshalb muss der Gesetzgeber aktiv werden. Die bisherige
Passivität der Politik ist unerträglich. Es ist den Angestellten der
Kirchen nicht zumutbar, sich einzeln durch die Instanzen zu klagen,
um zu ihrem Recht zu kommen. Das kirchliche Arbeitsrecht muss
abgeschafft und Diakonie und Caritas endlich behandelt werden wie
jeder andere Wohlfahrtsverband auch!“ Es dürfe auch nicht sein, dass
in ganzen Regionen Krankenhäuser und Kitas zu 50, 60 oder noch mehr
Prozent in kirchlicher Trägerschaft seien. Denn dann bestehe „keine
echte Wahlfreiheit – weder für die Mitarbeiter noch für die
Bürgerinnen und Bürger, die auf soziale oder medizinische
Dienstleistungen angewiesen sind.“
Matthäus-Maier wertete die Entscheidung des EuGH auch als einen
Erfolg der Kampagne „Gegen religiöse Diskriminierung am
Arbeitsplatz“, die seit 2012 die Missstände im kirchlichen
Arbeitsrecht kritisiert. Das Thema wurde nicht zuletzt dank dem
Einsatz der ehemaligen SPD-Spitzenpolitikerin vor einigen Jahren in
den Medien breit diskutiert und mit mehreren Sondersendungen in
Rundfunk und Fernsehen bedacht. „In der Politik haben unsere
Argumente, die in der Bevölkerung stets auf große Zustimmung trafen,
leider kaum Wirkung gezeigt“, meinte Matthäus-Maier, „umso mehr freue
ich mich deshalb darüber, dass die Richter am EuGH den eklatanten
Widerspruch zu Art. 21 der Charta der Europäischen Union erkannt
haben, auf den wir schon seit vielen Jahren hinweisen.“
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