CARE zum Weltflüchtlingstag: „Keine Achse des billigen Populismus“ / CARE fordert klares Bekenntnis zu Menschenrechten, Demokratie und der Würde des Menschen

Im Vorfeld des Weltflüchtlingstages am 20. Juni
kritisiert die Hilfsorganisation CARE Deutschland die aktuelle
Diskussion um die Pläne zur Neuausrichtung der deutschen
Migrationspolitik und die damit verbundene Rhetorik.

CARE mahnt alle Akteure zu mehr Besonnenheit und
Verhältnismäßigkeit: „Wer in den letzten Tagen die öffentliche
Debatte verfolgte, konnte den Eindruck bekommen, dass wir es aktuell
mit einem ungebremsten Zustrom nicht-asylberechtigter Menschen nach
Deutschland zu tun hätten, der dringend gestoppt werden müsse. Das
ist ein absolut falsches Bild und schürt diffuse Ängste, die den
gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährden“, sagt Karl-Otto Zentel,
Generalsekretär von CARE Deutschland.

CARE fordert ein klares Bekenntnis zu europäischem Recht und dem
Grundrecht auf Asyl und betont zugleich, dass dringend auf eine
europäische Lösung hingearbeitet werden muss.

„Wir dürfen keine Achse des billigen Populismus zulassen. Oft
folgen auf Worte Taten. Deswegen ist es an der Zeit, sich klar zu
positionieren und sich deutlich zu den Menschenrechten, der
Demokratie und der universellen Gültigkeit der Würde jedes Menschen
zu bekennen“, so Zentel. „Wir müssen uns in aller Deutlichkeit
fragen, in welchem Land wir leben wollen: abgeschottet, mit
gesicherten deutschen Grenzen, und die Verantwortung unseren
europäischen Nachbarn überlassend oder in einem Deutschland, das
einen fairen Anteil der Verantwortung in Abstimmung mit seinen
europäischen Partnern übernimmt.“

CARE erinnert an folgende Fakten:

– 84 Prozent der Flüchtlinge weltweit lebten Ende 2016 in Staaten
mit niedrigem oder mittlerem Einkommen. Einer von drei
Flüchtlingen (insgesamt 4,9 Millionen) wurde von den am
wenigsten entwickelten Ländern der Welt aufgenommen.

– Zwei Drittel der Menschen auf der Flucht sind Binnenvertriebene
und haben ihr Heimatland nicht verlassen.

– Nach geltendem deutschem und europäischem Recht hat jeder
Asylsuchende das Recht auf individuelle Prüfung seines Antrages
in Deutschland – egal ob er bereits in einem anderen Land einen
Asylantrag gestellt hat. Für diese Prüfung gibt das
Dublin-Abkommen sechs Monate Zeit.

– Das Grundrecht auf Familie gilt nicht nur für deutsche
Staatsbürger, sondern auch für subsidiär geschützte Menschen,
die sich in Deutschland aufhalten. Die aktuelle Regelung zur
Familienzusammenführung missachtet dieses Recht.

– Im April 2018 wurde in Deutschland ein Zugang von 10.999
Asylsuchenden registriert. (Januar bis April 2018 insgesamt
54.790 Asylsuchende).

– An den EU-Außengrenzen kamen bis Juni 2018 über 80.000 Menschen
an. Laut Angaben der Vereinten Nationen sind im Jahr 2018
bereits 636 Menschen bei der gefährlichen Reise mit
seeuntüchtigen Booten über das Mittelmeer gestorben.

– Die größte Last der Erstversorgung und Bearbeitung von
Asylanträgen tragen Italien, Spanien und Griechenland. Es ist
unfair, wenn diese Länder aufgrund ihrer geographischen Lage
alleine für die ankommenden Flüchtlinge verantwortlich sein
sollen. Dies widerspricht dem europäischen Gedanken.

– Im Jahr 2018 wurden von Januar bis April 93.381 Asylanträge
gestellt, davon wurden 36,6 Prozent aller Asylanträge in einer
Sachentscheidung in Deutschland abgelehnt. Zudem haben sich 30,9
Prozent der Asylanträge in einer formellen Entscheidung
erledigt. Die Ablehnungsquote von Asylanträgen lag somit bei
67,5 Prozent.

CARE fordert:

– Eine gemeinsame europäische Asyl- und Flüchtlingspolitik, die
einheitliche Standards für alle Asylsuchenden in Europa
festlegt.

– Die EU-Mitgliedstaaten müssen zur Zusammenarbeit und zu einer
gemeinsamen Politik zurückfinden und die bereits gefassten
Beschlüsse konsequent umsetzen.

– Eine Umverteilung der Geflüchteten auf die EU-Mitgliedstaaten
nach einem gerechten Schlüssel. Hier sollte das Wohl der
Geflüchteten im Zentrum stehen.

– Es müssen schnellstmöglich legale Wege nach Europa geschaffen
werden, um Geflüchteten und Migranten die legale Einreise nach
Europa zu ermöglichen.

– Die verstärkte und zügige Ausstellung von humanitären Visa sind
unabdingbar. Hierfür ist eine entsprechende Personalausstattung
an den betreffenden Stellen notwendig.

– Solange es in ihren Herkunftsländern keine menschenwürdige
Lebensperspektive gibt, werden sich weiterhin Menschen auf den
Weg nach Europa machen. Deutschland und die Europäische Union
müssen deshalb weiterhin umfassend und wirksam
Entwicklungszusammenarbeit und Nothilfe leisten, sowie durch
eine erfolgreiche Nachbarschaftspolitik und eine faire Handels-
und Agrarpolitik darauf hinwirken, Migrationsursachen zu
reduzieren.

– Die ausreichende Ausstattung und politische Unterstützung für
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, um
Einzelfallentscheidungen sorgfältig und zügig auf Basis der
gültigen Gesetzlage zu treffen. Das BAMF, das über das Schicksal
von Menschen entscheidet, darf nicht Spielball politischer
Interessen werden.

– Und zuletzt: „Flüchtling“ bezeichnet Menschen, die aus ihrer
Heimat fliehen mussten und die oft schreckliche Dinge erlebt
haben. Diese Menschen sind keine anonymisierte Gruppe, die man
zum Schüren von Angst, zur Abgrenzung oder als Verlustmasse auf
dem Weg zu gewonnenen Wahlen missbrauchen darf. Wir appellieren
an alle politisch Verantwortlichen in Deutschland, sich zu jedem
Zeitpunkt ihrer Verantwortung bewusst zu sein und sich über die
Wirkung ihrer Rhetorik im Klaren zu sein. Hetze gegen
Flüchtlinge darf kein Weg sein, um Wahlen zu gewinnen oder sich
von anderen abzugrenzen.

Hintergrund: Seit 2001 wird jedes Jahr am 20. Juni der
Weltflüchtlingstag begangen. Das UN-Flüchtlingshilfswerk
veröffentlicht dann die Statistik der weltweit als Flüchtling
anerkannten Menschen. 2016 waren es 65,6 Millionen.

Ein Zusammenschluss von Hilfsorganisationen wandte sich bereits im
Mai 2018 in einem offenen Brief zur Migrationsdebatte an die deutsche
Bundesregierung. Darin forderten die Organisationen die sofortige
Rückkehr zu den vereinbarten Zielen und Werten der deutschen
Entwicklungszusammenarbeit. Lesen Sie hier den vollständigen Brief: h
ttps://www.care.de/fileadmin/user_upload/Presse/Publikationen/offener
_Brief_.pdf.

Pressekontakt:
Rückfragen bitte an:
CARE Deutschland-Luxemburg e.V.
Ninja Taprogge
Telefon: 0228 / 97563 48
Mobil: 0151 / 701 674 97
E-Mail: taprogge@care.de

Original-Content von: CARE Deutschland-Luxemburg e.V., übermittelt durch news aktuell