BPI: Wider die Illusion

Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie
(BPI) mahnt dringenden Handlungsbedarf in bestimmten Bereichen der
Arzneimittelversorgung an. Es ist eine Illusion, dass nach den
gesetzgeberischen Maßnahmen des vergangenen Jahres die
Arzneimittelversorgung zufriedenstellend geregelt ist, denn das
Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) hat sich nur mit
Erstattungsfragen beschäftigt. Eklatante Versorgungsdefizite bestehen
weiter. Wenn tatsächlich in diesem Jahr die Verbesserung der
Versorgung auf der Tagesordnung steht, kommt man nicht umhin, sich
auch um Fragen der Verfügbarkeit von Arzneimittel zu kümmern. „Wir
haben beispielsweise bei Schmerztherapie, bei Krankheiten wie
Neurodermitis oder Epilepsie gravierende Probleme und die
ausreichende und notwendige Versorgung ist nicht gesichert. Zudem ist
es dringend erforderlich, dass Grundsatzfragen, wie die Legitimation
des Gemeinsamen Bundesausschusses, der die Leistungen der GKV
definiert, gestellt werden. Wir brauchen hier auch die Einbindung der
unabhängigen Wissenschaft durch eine wissenschaftliche
Schiedskommission, die auch bei Streitfragen angerufen werden kann“,
erklärte Dr. Bernd Wegener, Vorstandsvorsitzender des BPI.

Problematisch ist z. B., so der BPI, die Versorgungslage für
Epileptiker. Durch den, wegen der Rabattverträge, ausufernden
Austausch von Arzneimitteln kann es aufgrund der sehr
unterschiedlichen Bioverfügbarkeit des Wirkstoffes in
unterschiedlichen Medikamenten zu kritischen Dosierungsschwankungen
beim jeweiligen Patienten kommen. „Es kann so zu unnötigen Schüben
und eigentlich vermeidbaren epileptischen Anfällen kommen. Hier muss
dringend eine Liste mit kritischen Diagnosen festgelegt werden, bei
denen nicht ausgetauscht werden darf, denn solche Probleme können
auch bei Asthma oder Depressionen entstehen“, erklärte Prof. Barbara
Sickmüller, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des BPI.

Der BPI fordert im Einzelnen neun Veränderungen in der
Arzneimittelversorgung:

1. „Strikte Liste“ oder „Critical Dose Drugs List“, das heißt
eine Liste von Indikationen und Wirkstoffen, bei denen
– der Austausch in der Apotheke verboten ist,
– die Verordnung nicht auf „Wirtschaftlichkeit“ geprüft
wird.

2. Konzertierte Aktion „Kinderarzneimittel“ unter Leitung des
Bundeskanzleramtes.

3. Schwere Fälle von Neurodermitis in die
OTC-Erstattungsliste aufnehmen.

4. Besondere Therapieformen in Versorgungsverträgen ermöglichen.

5. Schmerztherapie von der Wirtschaftlichkeitsprüfung ausnehmen.

6. Preiserhöhungen bei erheblichen Rohstoffpreissteigerungen
zulassen.

7. G-BA: Unabhängige Wissenschaft einbinden
– durch eine wissenschaftliche Schiedskommission, die den
„Gemeinsamen Bundesausschuss“ überprüft und von
Betroffenen angerufen werden kann.

8. Die Wirtschaftlichkeitsprüfung entfällt grundsätzlich für
Arzneimittel
– wenn eine Vereinbarung mit den Kassen besteht,
– bei Arzneimitteln gegen seltene Erkrankungen.

9. Vorschlag: Reform der Zuzahlungsregelungen.

Pressekontakt:
Joachim Odenbach
Tel. 030/27909-131
jodenbach@bpi.de