Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) hat den
Rotstift angesetzt. Sie hat sich nicht etwa von ihrer expansiven
Geldpolitik verabschiedet, sondern in ihrem Statement zur jüngsten
Zinsentscheidung alle optimistischen Formulierungen gestrichen. Wer
Aussagen von Juni und August vergleicht, vermisst im neueren Text die
Begriffe „fortschreiten“, „verbessern“ und „signifikant gestiegen“.
Mit ihrer negativen Einschätzung der US-Konjunktur bestätigt die
Fed, was für viele Ökonomen seit Monaten offensichtlich ist: Von
einer schwungvollen Erholung ist nicht mehr viel zu spüren. Die
Arbeitslosenquote stagniert auf hohem Niveau, der Häusermarkt liegt
danieder, und die Industrie kann nur drei Viertel ihrer
Produktionsanlagen auslasten.
Während die Diagnose der Fed kaum strittig ist, lässt sich dies
von ihrem Therapieansatz nicht behaupten. Die Notenbank hält nicht
nur an ihrer Nullzinspolitik fest, sondern will auch ihre in der
Finanzmarktkrise aufgeblähte Bilanz nicht verkleinern. Wenn
Hypothekenverbriefungen fällig werden, will sie die Erlöse erneut in
Anleihen investieren. Auch weitere expansive Schritte gelten wieder
als möglich, nachdem die Fed noch vor wenigen Monaten deren Ende
ausgerufen hatte. Wer nun in Panik vor einer rasanten Geldentwertung
ausbricht, liegt vermutlich falsch. Stagnierende Löhne und
Verbraucherpreise helfen im Gegenteil wenig, Deflationssorgen zu
zerstreuen.
Dennoch sind Zweifel angebracht, ob billiges Geld der
schwächelnden Konjunktur auf die Sprünge hilft. Bisher sieht es kaum
danach aus, dass die Niedrigzinsen dem US-Mittelstand – der es am
nötigsten hätte – zu mehr Aufträgen verhelfen würde. Vielmehr
scheinen große Banken die billige Liquidität zu nutzen, um
Investitionen in langlaufende Staatsanleihen kurzfristig zu
refinanzieren. Dies ist aufgrund der hohen Zinsdifferenz im Moment
sehr lukrativ, kann sich aber schnell rächen, wenn die Zinsen eines
Tages steigen. Mit dem billigen Fremdkapital tätigen Banken wohl auch
spekulative Kapitalmarktgeschäfte. Die Notenbank hilft mit, indem sie
weiterhin billionenschwere Hypothekenverbriefungen hält und dadurch
die notwendigen Preiskorrekturen bei diesen Papieren verhindert. Der
Genesungsprozess wird für die US-Realwirtschaft ohnehin schon
schmerzhaft genug. Sie kann keine neuen Spekulationsblasen
gebrauchen, die früher oder später platzen.
(Börsen-Zeitung, 12.8.2010)
Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069–2732-0
www.boersen-zeitung.de