Nach den schwachen wöchentlichen Daten vom
US-Arbeitsmarkt hatten Anleger bereits mit einer weiteren
Enttäuschung gerechnet. Doch als dann am Freitag der Monatsbericht
des Arbeitsministeriums in Washington auf dem Tisch lag, fielen die
Reaktionen deutlich aus. Europas Aktienmärkte gerieten schlagartig
unter Druck, und ihnen gelang bis zum Handelsschluss auch keine
zweite Trendwende. Der Dax notierte letztendlich 127 Punkte unter dem
Zweijahreshoch, das er noch im frühen Handel erreicht hatte. Der
Dollar gab gegenüber dem Euro spürbar nach und stoppte erst auf dem
niedrigsten Niveau seit drei Monaten. Der Goldpreis und der
Bund-Future weiteten die jüngsten Gewinne aus.
Kein Zweifel: Die Finanzmärkte stellen sich nun auf die
bevorstehende Abkühlung der US-Wirtschaft ein. Allein seit Juni
fielen bei amerikanischen Unternehmen 131000 Jobs weg, während
hierzulande noch Meldungen über das Jobwunder am Arbeitsmarkt
kursieren. Die anhaltend hohe Arbeitslosenquote von 9,5% bedroht den
privaten Konsum, der für die weltgrößte Volkswirtschaft doch so
entscheidend ist: Rund 70% des Bruttoinlandsprodukts gehen darauf
zurück. Aussagen von Analysten, wonach die Entwicklung nicht
dramatisch sei und sich die Lage in den kommenden Monaten wieder
entspannen soll, klingen da aktuell eher wie das Pfeifen im Walde. Es
gehört allerdings auch zur Wahrheit, dass die Ängste vor einem Double
Dip den meisten Anlagestrategen überzogen erscheinen. Vielmehr ist es
zurzeit nicht recht abschätzbar, wie stark das Wachstum der
US-Wirtschaft nachlassen wird. Dies sorgt für Verunsicherung.
Wahrscheinlich hält diese Verunsicherung – begleitet von sinkenden
Frühindikatoren – eine ganze Weile an. Denn die
Quartalsberichtssaison ist nun bald zu Ende, da treten
makroökonomische Daten automatisch stärker in den Fokus. Entspannung
gibt es vielleicht sogar erst, wenn sich der US-Arbeitsmarkt
stabilisiert. Dass es über kurz oder lang dazu kommt, steht freilich
außer Frage. Die rege Investitionstätigkeit der Unternehmen ist
jedenfalls ein starkes Signal dafür, dass sich die Lage am
US-Arbeitsmarkt in absehbarer Zeit entspannen kann. Dann hellen sich
die nun eingetrübten Perspektiven für den privaten Konsum wieder auf.
Bis es so weit ist, dürfte die Risikobereitschaft der Investoren
nachlassen. Zu den Verlierern zählen in einem solchen Umfeld in aller
Regel Aktien, für die nach dem jüngsten starken Anstieg die Luft
ohnehin dünn geworden ist. Das macht es etwa für den Dax nicht
einfacher, einen neuen Anlauf in Richtung des gerade markierten
Zweijahreshochs zu unternehmen. Das Gewicht der defensiven Titel, die
in konjunkturell angespannten Phasen erste Wahl sind, ist in jedem
Fall zu gering, um den Dax allein weiter anzutreiben.
In den kommenden Wochen, und das hat die Reaktion der Finanzmärkte
auf den schwachen US-Arbeitsmarktbericht am Freitag ebenfalls
gezeigt, dürfte zudem das Interesse an Investments wie Edelmetallen
und Staatsanleihen wieder steigen. Gold kostete nach jüngster
Korrektur vor dem Wochenende jedenfalls schon wieder mehr als 1200
Dollar pro Feinunze, und der Bund-Future legte in der Spitze um 50
Ticks bis auf 130,14% zu.
So weit, so wenig überraschend: Lediglich am Devisenmarkt deutete
sich endgültig eine Verschiebung zugunsten des Euro an. Lobten
Marktteilnehmer den Dollar bis zuletzt, als die Schuldenkrise in
Europa hoch kochte, als sicheren Hafen, gerät die US-Valuta nun
zunehmend unter Druck. In der Spitze kletterte der Euro nun schon auf
1,3333 Dollar, den höchsten Stand seit Anfang Mai. Am 7.Juni hatte er
noch bei 1,1875 Dollar notiert.
Der Aufwärtstrend der Gemeinschaftswährung dürfte noch einige Zeit
andauern. Mit den Sparbeschlüssen der Staaten in der Euro-Peripherie
haben sich die Finanzierungsmöglichkeiten dieser Länder verbessert,
die Schuldenkrise hat ihren größten Schrecken verloren. Zudem zeigen
in Europa immer noch viele Konjunkturindikatoren aufwärts. Gut
möglich also, dass der Euro schon bald mit 1,37 Dollar bezahlt wird,
wie es Analysten in einer Umfrage der Börsen-Zeitung in der
abgelaufenen Woche vorausgesagt haben.
(Börsen-Zeitung, 7.8.2010)
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