Ein solches mediales Feuerwerk, wie es zurzeit
die Atomkonzerne abbrennen, hat es in der Branche selten gegeben.
Jetzt standen die Konzernchefs von Eon, RWE, EnBW und Vattenfall
Europe sogar in einem gemeinsamen Interview Seite an Seite, um via
Boulevardzeitung noch einmal ihre Argumente unters Volk zu bringen:
Atomkraft sei gut für Klimaschutz, Versorgungssicherheit,
Strompreise, Arbeitsplätze und die deutsche Wirtschaft insgesamt, so
die Botschaft.
Der Kampf der Strombosse ist verständlich. Es geht um viel Geld.
Bei einer Laufzeitverlängerung könnte je nach Ausgestaltung
langfristig durchaus eine dreistellige Milliarden-Euro-Summe zur
Verteilung anstehen. Auf der anderen Seite gibt es die geplante neue
Atomsteuer, die bei den vier Konzernen in signifikanter Höhe direkt
die Nettogewinne und Cash-flows drücken würde. Selbstverständlich
hätte dies auch Auswirkungen auf die mühsam austarierten
Verschuldungsrahmen der Unternehmen, ihre Ratings und Dividenden.
Es gibt Berechnungen, nach denen die Brennelementesteuer die
Kosten der Stromerzeugung in den kleineren und etwas unrentableren
deutschen Atomkraftwerken mehr als verdoppeln könnte. Der Betrieb
auch dieser längst abgeschriebenen Anlagen würde sich aber weiterhin
lohnen. So viel gibt der Strompreis immer noch her. Die Drohungen der
Konzerne, diese Blöcke sofort stillzulegen, laufen damit ins Leere.
Die bislang üppigen Margen wären aber auf ein Minimum gedrückt.
Die Summen, um die es in dem Atomgefeilsche geht, haben auf allen
Seiten Begehrlichkeiten geweckt – in den Firmenzentralen, vor allem
aber in Berlin. Schon längst geht es in der Diskussion mehr um das
Füllen von Haushaltslöchern als um die langfristige
Versorgungssicherheit im Land. Genau deshalb verfestigt sich zurzeit
auch der Eindruck, dass Deutschland eigentlich gar keine längeren
Laufzeiten seiner Atomkraftwerke benötigt. Das Land braucht nur das
Geld, das mit den Meilern verdient wird. Ob die Wettbewerber von Eon,
RWE und Co, allen voran die Stadtwerke, die durch eine
Laufzeitverlängerung benachteiligt würden, mit diesem Argument leben
könnten?
Die Versorger brauchen einen langfristigen Rahmen für ihr Handeln.
Es wird höchste Zeit, dass das nationale Energiekonzept ernsthaft auf
die Tagesordnung der Politik kommt.
(Börsen-Zeitung, 17.8.2010)
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