BGH: Mieterhöhungen durch Mietspiegel des Nachbarorts

Ein grundlegendes Urteil (BGH VIII ZR 99/09) im Mietrecht fällte am 16.06.2010 der VIII. Zivilsenat des BGH. In seiner gespannt erwarteten Entscheidung bestätigte er die Anwendbarkeit einfacher Mietspiegel aus Nachbargemeinden zur Begründung einer Mieterhöhung. Kanzlei Päch & Päch, die Spezialisten für Mietrecht in Nürnberg, berichten über das Urteil des Bundesgerichtshofs.

Zur Entscheidung stand die Revisionsklage eines baden-württembergischen Mieters aus Backnang. Die Vorinstanzen hatten der Klage gegen die Erhöhung seiner Miete um 76 Euro aufgrund des einfachen Mietspiegels einer Nachbargemeinde nicht stattgegeben.

In den Augen des Klagenden war die Erhöhung seiner Miete nicht rechtens, da der fragliche einfache Mietspiegel nicht ordnungsmäßig zustande gekommen sei. Die Vorinstanzen folgten seinen Argumenten nicht, aufgrund eines Gutachtens, dass der fraglichen Nachbarstadt eine mit Backnang vergleichbare Infrastruktur und ortsübliche Miete bescheinigte. Der Kläger beschritt daraufhin den Weg einer Revision vor dem BGH.

Diese wurde vom VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs abgewiesen, der in seiner Urteilsbegründung eine grundsätzliche Entscheidung über die Verwendbarkeit von einfachen Mietspiegeln zur Begründung von Mieterhöhungen traf. Der BGH entschied, dass der einfache Mietspiegel als Basis zur gerichtlichen Bestimmung einer ortsüblichen Miete zulässig ist. Das ist auch dann der Fall, wenn er nicht von der fraglichen Gemeinde aufgestellt wurde, sondern hierzu Vermieter- und Mieterinteressengemeinschaften zusammengearbeitet haben.

In den Augen des BGH hat der einfache Mietspiegel im Vergleich zur qualifizierten Version, die auf der wissenschaftlichen Arbeit eines Gutachters basiert, eine geringere Beweiskraft. Der einfache Mietspiegel ist aus diesem Grund als ein Indiz für das Niveau ortsüblicher Mieten zu bewerten.

Als Indiz kann die Glaubwürdigkeit des einfachen Mietspiegels erschüttert werden, indem der Mieter sachlich begründbare Einwände geltend macht. Ist die Verlässlichkeit des einfachen Mietspiegels fraglich, zum Beispiel wegen mangelnder sachlicher Kenntnisse seiner Ersteller, so sind Gerichte von Amts wegen zu weiteren Nachforschungen angehalten.
In der vorliegenden Revisionsklage war es dem Kläger in den Augen des VIII. Zivilsenats des BGH nicht möglich, die Glaubwürdigkeit des Mietspiegels zu erschüttern. Daraus ergab sich seine Gültigkeit mit dem Resultat einer zulässigen Mieterhöhung.

Aufgrund dieses Grundsatzurteils ist es Gerichten unterer Instanzen nun möglich, bei Streitigkeiten in Mietfragen einfache Mietspiegel zur Beurteilung der ortsüblichen Miete heranzuziehen.

Aus Sicht von Vermietern gestattet das vorliegende Urteil des BGH die Erhöhung von Mieten auf Grundlage einfacher Mietspiegel, sofern der Mieter nicht in der Lage ist, ihre Verlässlichkeit vor Gericht in ernsthaften Zweifel zu ziehen. Sachlich begründete Zweifel an der Ortsüblichkeit der Mieten im einfachen Mietspiegel erschüttern seine Glaubwürdigkeit und resultieren in einer gerichtlichen Untersuchung. Grundsätzlich erleichtert die aktuelle Entscheidung des BGH jedoch die Begründung von Mieterhöhungen.
Ebenso wie Vermieter können sich auch Mieter auf einen einfachen Mietspiegel berufen, beispielsweise um gegen ungerechtfertigte Mieterhöhungen vorzugehen. Im Notfall gilt dies auch für Mietspiegel einer vergleichbaren Nachbargemeinde, falls ihre Gemeinde über keinen eigenen Mietspiegel verfügt.

Die Mietrechtsexperten der Kanzlei Päch & Päch sind stets offen für weitere Fragen und Anliegen zum Thema Mietrecht.