„Wir erwarten im neuen Jahr 2015 keine
nennenswerten Zuwächse aber auch keinen konjunkturellen Einbruch. Und
zwar gleichermaßen für den Großhandel wie für die Gesamtwirtschaft.
Angesichts unseres hohen Wirtschafts- und Wohlstands-niveaus ist das
sicher kein Grund zur Panik. Aber ein Mahn- und Weckruf an die
Politik hierzulande und in Europa, sich nicht länger auf den
Lorbeeren auszuruhen. Die Unternehmer sehen mit Sorge, dass die Große
Koalition die teuren Wahl-versprechen gleich aller Beteiligten
umgesetzt hat und fordern eine Wende in der Wirtschafts- und
Sozialpolitik!“ Dies erklärt Anton F. Börner, Präsident des
Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA),
heute in Berlin anlässlich der Vorstellung der aktuellen
Unternehmensbefragung des Verbandes.
Erneute Eintrübung der Stimmung im Großhandel
Der Großhandelsindikator ist zwar nach wie vor auf einem hohen
Niveau. Er hat allerdings zum Jahreswechsel deutlich eingebüßt und
ist um 4 Punkte unter die Linie von 120 Punkten gefallen. Die
aktuelle Geschäftslage hat dabei etwas stärker nachgegeben. Sie ist
nach einem leichten Anstieg im Sommer 2014 um gut 5 Punkte abgesackt
und liegt nun bei 119 Punkten. Die Geschäftserwartungen haben zum
zweiten Mal in Folge nachgegeben. Mit fast 121 Punkten haben sie
etwas weniger als 3 Punkte eingebüßt. Geschäftslage und -erwartung
liegen damit annähernd auf gleichem Niveau und deuten auf eine
Stagnation im Großhandel hin.
Konkret erwartet der BGA für 2015 einen nahezu gleich hohen Umsatz
wie im abgelaufenen Jahr. 2014 sind die Umsätze nominal gerade einmal
um 0,1 Prozent auf 1.134 Milliarden Euro angestiegen. Real konnte der
Großhandel aufgrund gesunkener Preise um 1,2 Prozent höhere Umsätze
erwirtschaften. Das bedeutet, zur Erwirtschaftung des
Vorjahresumsatzes mussten mehr Güter und Dienst-leistungen verkauft
werden. Dieser Trend wird sich nach Einschätzung des BGA 2015
fortsetzen und die Umsätze erneut nominal um nur etwa 0,1 Prozent
steigen und mit 1.135 Milliarden Euro kaum höher liegen als in den
beiden Vorjahren. Dabei dürften die Unternehmen erneut einen real
höheren Umsatz erzielen.
Verhalten zeigt sich auch die Investitionsstimmung im Großhandel,
wobei neben weiterhin dominierenden Ersatzinvestitionen zuletzt auch
der Anteil an Rationalisierungen wieder angestiegen ist.
„Investitionen lassen sich nicht verordnen, zumindest nicht im
privaten Sektor. Hier bedarf es positiver Anreize sei es durch
Entbürokratisierung, zum Beispiel durch Verkürzung der
Aufbewahrungsfristen, durch attraktive steuerliche Regelungen,
beispielsweise zur energetischen Gebäudesanierung, oder den Erhalt
eines mittel-standsfreundlichen Unternehmensübergangs bei der
Erbschaftsteuer“, so Börner.
Von einem Beschäftigungsaufbau kann bei einem erwarteten Anstieg
von etwa 2.000 auf 1,917 Millionen Erwerbstätige im laufenden Jahr
kaum gesprochen werden. Gleichwohl bleibt der Großhandel damit ein
wichtiger Beschäftigungsmotor und drittgrößter Arbeitgeber in
Deutschland.
Aufgrund der abgeschwächten Großhandelsentwicklung als
Frühindikator für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung rechnet der
BGA lediglich mit einem Wachstum des Bruttoinlandprodukts von
höchstens bis zu einem Prozent für 2015.
Mehr Dynamik benötigt Impulse und Stabilität
Die Große Koalition konnte in ihrem ersten Regierungsjahr die
Unternehmen nicht überzeugen, mehr zu investieren als erforderlich.
Trotz hoher Zustimmung zum konsequenten Festhalten an der
Konsolidierung der öffentlichen Haushalte zur Eindämmung der
Schulden, dem Engagement zur Stärkung Europas und der Außen- und
Sicherheitspolitik wird die Arbeit gerade einmal mit der Note Drei
Minus bewertet. „Zu den größten Risiken für die Konjunktur zählen die
Unternehmer neben der sicherheitspolitischen Weltlage, dass die Große
Koalition weiter macht mit Regulierungen, die die Wirtschaft belasten
und den heimischen Standort schwächen“, so der BGA-Präsident.
Vier von fünf sind davon überzeugt, dass die Große Koalition eine
bessere Politik machen könnte und müsste. Insbesondere kritisieren
sie die Ausweitung des sozialen Netzes und das Zurückdrehen früherer
Reformen, die für mehr Flexibilität der Arbeitsmärkte sorgten. Die
Unternehmer vermissen zudem einen verlässlichen Rahmen. Die
Prioritäten liegen mit über 40 Prozent in einer Verbesserung der
wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Investitionen. Und:
Wirtschaftliche Impulse sind nach Auffassung der Unternehmen des
Großhandels auch bei ausgeglichenem Haushalt möglich. Dies sagen drei
Viertel der befragten Großhändler.
„–Wenig Chancen – viele Risiken– ist das aktuelle Stimmungsbild.
Dies mag kurzfristig für die aktuell gute Wettbewerbsfähigkeit und
die Konsolidierung der öffentlichen Finanzen ausreichen, für eine
langfristige Sicherung genügt dies jedoch nicht. Wir brauchen
Signale, die Unternehmen im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld dazu
anstoßen, Investitionen in Technologien, Maschinen und Anlagen
auszu¬weiten, anstatt sich darauf zu konzentrieren, wie bei
stagnierendem Umsatzvolumen ein steigender Kostendruck durch mehr
Effizienz und Rationalisierung kompensiert werden kann. Es ist
Aufgabe der Politik, den wirtschaftlichen Rahmen so zu gestalten,
dass mehr Investitionen angeschoben werden, die sich auch langfristig
rechnen, damit unser umfänglicher und kostenintensiver Sozialstaat
finanzierbar bleibt“, so Börner abschließend.
2, Berlin, 13. Januar 2015
Pressekontakt:
Ansprechpartner:
André Schwarz
Pressesprecher
Telefon: 030/ 59 00 99 520
Telefax: 030/ 59 00 99 529