BERLINER MORGENPOST: Kreative Lösungen statt Karriereknick Beatrix Fricke über Möglichkeiten, wie Frauen Kinder und Job vereinbaren können

Kinder sind die Karrierebremse Nummer eins für
Frauen: Dieses Ergebnis einer aktuellen Umfrage der Bertelsmann
Stiftung kommt für Deutschlands Mütter kaum überraschend. So traurig
es ist: Viele von ihnen erleben am eigenen Leib, wie ein eigentlich
so wundervolles Erlebnis wie die Geburt eines Kindes ihr Leben auf
den Kopf stellt. Da ist der Chef, der die junge Mutter immer dann
ganz dringend braucht, wenn sie ihr Kind von der Kita abholen muss –
bis er gar nicht mehr nach ihr fragt, weil die kinderlose Kollegin
immer Zeit hat. Da sind die Büronachbarn, die ihre aus der Elternzeit
zurückgekehrte Kollegin nicht mehr für voll nehmen, weil sie ja
sowieso nur noch Teilzeit da ist. Und da sind nicht zuletzt die
Frauen selbst, die sich um ihren legitimen Platz in der Arbeitswelt
bringen. Denn viele von ihnen ziehen, kaum dass der Nachwuchs da ist,
insbesondere verantwortungsvolle Positionen nicht mehr für sich in
Erwägung. Sei es, weil sie ein schlechtes Gewissen oder böse
Kommentare fürchten – schließlich muss eine Mutter doch für ihr Kind
da sein. Sei es, weil sie sich das Management von Job, Familien- und
Hausarbeit zugleich nicht zutrauen – schließlich fühlt sich die Frau
für letzteres immer noch verantwortlicher als der Mann. Keine Frage:
Wenn Frauen am Arbeitsplatz benachteiligt werden, weil sie sich für
ihre Familie engagieren, muss diese Ungerechtigkeit beseitigt werden.
Eine Frauenquote in Unternehmen und Organisationen, für die sich in
der Studie 60 Prozent der weiblichen Befragten aussprechen, mag ein
Instrument sein. Nachhaltiger und vielleicht sogar schneller
umsetzbar dürfte jedoch sein, auf einen Bewusstseinswandel zu setzen
und diesen als Frau selbstbewusst und aktiv mitzugestalten. Der Chef
ist unflexibel? Dann muss man selbst eben umso kreativere Lösungen
suchen, um Beruf und Familie zu vereinbaren. Die Kollegen zeigen kein
Verständnis? Dafür sind sie auch gar nicht da. Ihre Vorbehalte werden
sich aber schnell zerstreuen, wenn man gleichbleibend freundlich und
leistungsbereit bleibt. Der Partner bietet zu wenig Unterstützung?
Das ist bedauerlich, muss aber kein Dauerzustand bleiben.
Vätermonate, aber bitte nicht zu knapp, stellen einen lehrreichen
Schnellkursus in puncto Kinder und Haushalt dar. Wer einmal selbst
erfahren hat, welche Aufgaben und Herausforderungen der Nachwuchs mit
sich bringt, wird seine Augen nicht mehr so gut vor der anstehenden
Arbeit verschließen können. Von den Erfahrungen profitieren nach der
Väterzeit dann auch gleich noch weitere Frauen mit Kindern.
Durchsetzungsstärke und Machtbewusstsein bescheinigt die Umfrage den
Frauen hierzulande. Sie sollten den Mut haben, diese Eigenschaften
noch stärker zu zeigen. Alles ist besser, als zu jammern, sich von
seinen Zielen zu verabschieden und auf bessere (Arbeits-)Zeiten zu
hoffen. Das bestätigt nämlich nur das gängige Urteil in Deutschland:
dass sich Kind und Karriere nicht vereinbaren lassen.

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